Andere Bands drohen mit Echo-Boykott Frei.Wild wollen den Erfolg der Onkelz

Düsseldorf · Eigentlich sollte die "Echo"-Verleihung am 21. März eine große Party werden. Doch die könnte in diesem Jahr deutlich kleiner ausfallen. Grund ist die Nominierung der Südtiroler Band Frei.Wild. Weil die als Teil der rechten Szene gilt, haben die ebenfalls nominierten Bands Kraftklub und Mia bereits abgesagt.

 Bandmitglieder von Freiwild während eines Auftritts.

Bandmitglieder von Freiwild während eines Auftritts.

Foto: Youtube

Frei.Wild ist erfolgreich, ihre Platte "Feinde deiner Feinde" rangierte im vergangenen Jahr ganz weit oben in den deutschen Charts. Das ist auch der Grund, warum die Gruppe überhaupt für den "Echo" nominiert wurde. Die Auszeichnung richtet sich nach dem Erfolg, den eine Band in den Hitparaden hatte.

Den Südtirolern wird vorgeworfen, gezielt am rechten Rand zu fischen. Wie der Blog "Publikative.org" anhand von Beispielen darlegt, finden sich in ihren Texten viele Belege für völkischen Nationalismus. Auch auf der neuen Platte, so der Blog, gibt es reihenweise Versatzstücke, die nahtlos an rechtsradikale Diskurse anknüpften.

"Land der Vollidioten"

Frei.Wild selbst gibt an, sich mehrmals öffentlich von Rechtsradikalen distanziert zu haben. In ihrem Lied "Land der Vollidioten" heißt es beispielsweise: "Das ist das Land der Vollidioten, die denken, Heimatliebe ist gleich Staatsverrat. Wir sind keine Neonazis und keine Anarchisten, wir sind einfach gleich wie Ihr .. von hier."

Kritiker nehmen Frei.Wild das nicht ab. Sie werfen der Band vor, den immensen kommerziellen Erfolg der Böhsen Onkelz wiederholen zu wollen. Die deutsche Band aus Frankfurt hatte ihre Bühnen-Karriere in der Neonazi-Szene gestartet. Ende der 1990er Jahre stiegen die Onkelz zu einer der erfolgreichsten deutschen Rockbands aller Zeiten auf. Ihr Abschiedskonzert auf dem Lausitz-Ring verfolgten 120.000 Fans.

Die Onkelz distanzierten sich verbal und in Zeitungsanzeigen wiederholt von rechtsradikalen Kreisen. Gleichzeitig sangen sie weiterhin Lieder ("Stunde des Siegers", "Lieber stehend sterben"), die Rechtsradikalen viel Spielraum für Interpretationen ließen. Die Onkelz, so der Vorwurf, hätten ihre rechte Vergangenheit gezielt eingesetzt, um möglichst viele Platten zu verkaufen. Bei Konzerten mischten sich bis zur Auflösung der Band im Jahr 2005 regelmäßig Neonazis unter das normale Publikum. Der deutlich größere Teil der Fans war inzwischen weitgehend unpolitisch.

Vorbild Böhse Onkelz

Bandmitglieder von Frei.Wild hatten die Böhsen Onkelz in der Vergangenheit mehrfach als ihre großen Vorbilder bezeichnet. Dass Frei.Wild mit ihren Texten auf Gegenliebe in der rechten Szene trifft, sieht man auf Fotos von Neonazi-Demonstrationen, auf denen Teilnehmer beispielsweise Schals der Band tragen.

Vor diesem Hintergrund scheint es verständlich, dass andere Nominierte nun dagegen aufbegehren und ihren Boykott der Preisverleihung erklären. Kraftklub schreiben auf ihrer Facebookseite: "Wir haben unsere Plattenfirma gebeten, dafür zu sorgen, daß unsere Nominierung für den Echo in der Kategorie "Rock/Alternativ National" zurückgezogen wird. Wir möchten nicht weiter in einer solchen Reihe genannt werden. Obwohl wir uns gefreut haben zusammen mit Mia., Die Toten Hosen, Unheilig, und Die Ärzte nominiert gewesen zu sein. Schade um die schöne Aftershowparty…"

Der Eintrag hat nach einem Tag über 14.000 Likes, er wurde über 1200-mal geteilt. In den mittlerweile über 3000 Kommentaren tobt eine heftige Diskussion von Kraftklub-Befürwortern und Fans von Frei.Wild. Neben viel Zustimmung findet sich dort allerlei Diffamierendes und auch der Vorwurf, nur eine PR-Kampagne gestartet zu haben.

Die ebenfalls nominierte Band Mia erklärte auf Facebook: "Wir haben uns heute sehr, aber leider auch nur sehr kurz über unsere Echo-Nominierung gefreut, da unter den aktuell Nominierten mit Frei.Wild eine Band genannt wird, deren Weltbild wir zum Kotzen finden. Es mag nicht in unserer Hand liegen, welche Künstler für einen Echo nominiert werden, aber es liegt in unserer Hand, von unserer Nominierung dankend Abstand zu nehmen."

"Zwischen Frei.Wild und den Onkelz"

Die Ärzte haben sich bereits mehrfach gegen Frei.Wild gestellt. Bei Konzerten tauschen sie schonmal in ihrem Song "Schrei nach Liebe" die Zeile "...zwischen Störkraft und den Onkelz steh 'ne Kuschelrock-CD" gegen "...zwischen Frei.Wild und den Onkelz steht 'ne Kuschelrock-CD" aus.

Auf ihrer Seite gaben sie jetzt ein Statement ab: "Beim 'wichtigsten Deutschen Musikpreis' ist mal wieder eine politisch fragwürdige Band nominiert. Da uns der Echo sowieso nie interessiert hat und unsere politische Einstellung hinreichend bekannt sein sollte, liegt der Rest in den Händen der sicherlich weisen Juroren."

Die Sendung wird am 21. März live in der ARD übertragen.

(csr / csi)
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