Tourauftakt in der Lanxess Arena Justin Timberlake feiert Mega-Party in Köln

Köln · Mit einer spektakulären Show meldet sich US-Popstar Justin Timberlake auch in Deutschland zurück. Sein Tourstart in Köln ist grandios.

Konzert in Köln: Justin Timberlake feiert Mega-Party
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Justin Timberlake feiert Party in Köln

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Der 33-Jährige begann seine Karriere als kindlicher Moderator im Disney-Club, er gehörte in den 90er Jahren der Boygroup ‘NSYNC an, aber all das darf man getrost vergessen. Denn vorne steht ein gereifter Künstler, der den Begriff Entertainment zeitgemäß interpretiert, ein Könner und Verführer, ein Sinatra mit Bass. Timberlake rappt und schmeichelt, er spielt Gitarre und den weißen Flügel, singt "Heartbreak Hotel" von Elvis und "Human Nature" von Michael Jackson. Abende, die technisch brillant sind, haben auch Beyoncé und Lady Gaga an diesem Ort schon gegeben. Aber niemand hielt den Draht zum Publikum so kurz. Timberlake ist lässig, kein tanzender Imperativ wie so viele Kollegen aus der Superstar-Liga, die einem ein schlechtes Gewissen machen. Er zwinkert den Versammelten zu, reicht die Hand, lässt die Funken sprühen. Er weiß, dass Unterhaltung anregend sein soll, nicht desillusionierend, dass die Menschen gekitzelt werden möchten, nicht überrollt.

Er arbeitet mit den Besten

Und: Timberlake macht großartige Musik. Drei Alben hat er seit 2002 vorgelegt, jedes ist meisterlich arrangiert. Timberlake sucht sich stets die besten Zuarbeiter und Produzenten, von Pharrell Williams über Timbaland bis Jay Z. Er singt auf Beats, die so teuer sind, dass man damit mehrere Fußballweltmeisterschaften ausrichten könnte. So viel Qualität zahlt sich bei Live-Aufführungen aus. Timberlake eröffnet mit "Pusher Love Girls". Man sieht zunächst nur seinen Schatten. Die Musiker sind als Big Band im Stil der 1920er Jahre verkleidet. Der Bühnenhintergrund erinnert an einen gewaltigen Bienenkorb. Sechseckige Waben, die später in allen Farben leuchten werden und vibrieren können wie die Membran einer Lautsprecher-Box. Timberlake tritt langsam im Smoking auf die Bühne, verlegt sie nach Las Vegas, breitet den roten Teppich aus, knipst die Kristall-Leuchter ein. Dann unterbricht er das Lied, begrüßt die Fans und fragt, ob sie bereit seien für die Party. Er deutet ein paar Tanzbewegungen an, die man unwillkürlich mitmacht, weil das so zwingend aussieht, so natürlich in diesem Moment. Er kippt den Mikroständer, holt ihn mit dem Fuß zurück, gibt das Zeichen für den Bass und fängt das Lied neu an, nun tiefer gelegt, schwerer, schwüler, funkier - satt und träge von Bass und Beats.

Timberlake orientiert sich musikalisch an Michael Jacksons Album "Off The Wall". Das ist der Fluchtpunkt seiner Musik, man spürt das deutlich in dem Song "Rock Your Body". Er leiht sich die Hitze, die Menschenfreundlichkeit, die positive Energie. Manchmal deutet er den Moonwalk an, wischt schwerelos über den Bühnenboden. Aber er hält das Vorbild zugleich durch Originalität auf Distanz. Man darf Timberlake nicht als Interpret fremder Autoren unterschätzen. Er schreibt zu großen Teilen selbst, und wie ambitioniert er ist, spürt man beim ersten Höhepunkt des Abends. Timberlake singt den wunderbaren Refrain des Songs "Holy Grail", in dessen Original er seinen Kumpel Jay Z locker gegen die Wand drückt. Es ist eine Ouvertüre, er lässt die Melodie nahtlos übergeben in seinen womöglich besten eigenen Song, "Cry Me A River". Im Hintergrund sieht man die monumentale Projektion eines Flusses, der von einem Wirbelsturm heimgesucht wird. Timberlake steigert allmählich die Intensität des Stücks. Er bewegt sich inmitten von fünf Tänzern. Schicht um Schicht legen die Musiker hinter ihm aufeinander: Bläser, Bass, Keyboards. Und auf dem Höhepunkt, als der Orkan die Filmlandschaft zerstört hat und man nur mehr Lichtblitze zucken sieht, tritt ein Gitarrist nach vorn und fährt mit der vergifteten Sense durch die Liebeskummer-Hymne. Das Geschrei in der Halle ist enorm, im Lärm entlädt sich die Anspannung, Timberlake tanzt dazu, den Po nah am Boden, wie von einem Magneten gezogen. Mit einem Fingerschnippen ordnet er dann das Chaos, führt den Song zurück in die Spur, bringt ihn ans Ende.

Es gibt in der Mitte der Show eine Pause von zehn Minuten, und man weiß zu diesem Zeitpunkt nicht genau, was noch kommen mag, wie er das alles toppen will. Dann kommt die Nummer mit dem fliegenden Laufsteg. Timberlake singt "Senorita", "Tunnel Vision" und "Suit & Tie", verbeugt sich vor Elvis und Michael Jackson. Er läuft hinaus auf die Treppen, die fast bis ins Publikum reichen. Und plötzlich steht er direkt vor einem, lächelt eine Armeslänge entfernt von der fahrbaren Bühne. Man würde sich gern bedanken und seinen Respekt bekunden. Aber da ist es schon zu spät.

Timberlake muss weitermachen, immer weiter.

(lnw)
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