So sehr man sich vorgenommen hat, ihn zu lieben, so schwer fällt es, wenn er es nicht versteht, einen auf seine Reise mitzunehmen. Wenn er überdreht in dem Anliegen, handgemachte Musik zu bieten. Die Songs in der zweiten Hälfte werden endlos in die Länge gezogen. Gitarren heulen auf, der Saxofonist tritt zum XXL-Solo an, jeder aus der exzellenten Band darf mal. Ab und zu greift der Meister zum Mikrofon, sagt "Yeah" oder philosophiert darüber, dass mit Liebe eine bessere Welt entstehen könne. Man ist froh über wenigstens ein paar Einlassungen von ihm, da ist es nicht so schrecklich wichtig, wie banal seine Botschaften sind. Vieles geht sowieso in dieser großen Arena einfach unter.

Kravitz ist zum richtigen Zeitpunkt wieder da. Die 1990er sind gerade angesagt. Und er ist einer der musikalischen Botschafter dieses Jahrzehnts. Mit "It Ain't Over Till It's Over" gelang ihm der Durchbruch vor 23 Jahren. In den vergangenen Jahren hat er sich schwergetan. Viele Projekte drifteten in die Belanglosigkeit. Neulich hat er aber mit "Strut" ein beachtliches Album abgeliefert.

Geliebt wird der 50-jährige New Yorker in Oberhausen für die Vergangenheit. Er weiß, wie er ohne viele Worte das vorwiegend weibliche Publikum auch im fortgeschrittenen Alter begeistern kann - mit alten Liedern von "American Woman" über "Fly away" bis zu "I belong to you". Er trägt Sonnenbrille und Muskelshirt über dem Waschbrettbauch. Er kann es immer noch tragen. Peinlich wirkt er nie.

Man muss Lenny Kravitz für seine Coolness einfach lieben.