Nicolai Gedda gestorben Der schwedische König der Tenöre

Düsseldorf · Der schwedische Tenor Nicolai Gedda ist im Alter von 91 Jahren gestorben. Musikkenner halten ihn für einen der bedeutendsten Sänger des 20. Jahrhunderts. Er erlag in seinem Wohnort bei Lausanne in der Schweiz einem Herzinfarkt.

 Nicolai Gedda sang in allen Bühnensprachen akzentfrei.

Nicolai Gedda sang in allen Bühnensprachen akzentfrei.

Foto: afp, JEH

Jetzt, da dieser wunderbare Tenor tot ist, eilen wir gleich, ihn zurück zu den Lebenden zu holen, und legen eine seiner schönsten Aufnahme auf: An der Seite von Victoria de los Angeles sang er die Partie des Don José in Bizets Oper "Carmen".

Dieses bedeutende Operndokument, das damals Thomas Beecham dirigierte, zeigte Gedda auf der Höhe seiner Kunst: Gedda legt da alle Emphase in sein Werben, in sein Lieben, in seine Eifersucht, in seine Wut. Trotzdem bleibt ein grandioser Rest von soldatischer Eleganz. Er ist seriös und draufgängerisch, zugleich hat seine Stimme Schmelz und viele Farben.

Gedda war ein heller, lyrischer Tenor, dessen Timbre nie zum Meckern oder Näseln neigte. Die Stimme war ummantelt von heller Bronze, sie konnte aber auch ins Silbrige umfärben. Und sie besaß einen einzigartigen Schmelz, eine gewinnende Jugendlichkeit, die noch in hohem Alter Bestand hatte.

Das ertüchtigte Gedda zu einer wunderbaren Mozart-Karriere, die sich aber den Rücken freihielt für andere Sujets, Epochen, Kunstformen. Herrlich merkt man es in der 10-CD-Box von Warner unter dem Titel "My Favourite Operetta Heroes" zwischen "Zigeunerbaron", "Graf von Luxemburg", "Zarewitsch" und "Land des Lächelns", wie Gedda angebliche leichtere Muse zu feinster Kunst veredelte.

Natürlich ließ er sich die Kabinettstückchen seiner Zunft nicht entgehen. Man höre sich nur an, wie geschmackvoll und zugleich höhensicher er Puccinis berühmtes "Nessun dorma" sang.

Phänomenale Sprachkompetenz

Gedda war einer der vielseitigsten Sänger des 20. Jahrhunderts, was aber auch an seiner phänomenalen Sprachkompetenz lag: Er sprach alle Bühnensprachen akzentfrei, auch Deutsch und Russisch, weswegen er heute den Don José und morgen den "Zarewitsch" von Lehár und übermorgen Verdis Herzog von Mantua und am Tag danach den Hermann in Tschaikowskis "Pique Dame" singen konnte - alle in der Originalsprache.

Gedda hütete sich allerdings vor kräftezehrenden Manövern, die ihn, den begehrten Tenor, vor allem in Flugzeuge verbannten, welche ihn zu den großen Häusern der Welt trugen. Einmal sollte Gedda sogar Lohengrin in Bayreuth singen, er stand schon auf dem Besetzungszettel, doch dann sagte er ab: Der grüne Hügel war ihm zu anstrengend.

Übrigens: Gedda war schon am 8. Januar 2017 gestorben, er hatte allerdings verfügt, dass sein Tod erst einen Monat später bekannt gegeben würde.

(w.g.)
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