Kopf von The Who Gitarrengott Pete Townshend feiert 70. Geburtstag

London · Pete Townshend, der Kopf der Kultband The Who, wollte immer ein wenig rebellischer und noch ein bisschen lauter sein als der Rest der Musikszene. Er schrieb Bücher und Rockopern und er schlug ganze Bühnen zu Kleinholz. Am Dienstag feiert der Gitarrengott aus London seinen 70. Geburtstag.

 Pete Townshend mit seinem legendären Windmühlenanschlag.

Pete Townshend mit seinem legendären Windmühlenanschlag.

Foto: dpa, roos hk

Wer Pete Townshend heute begegnet, könnte ihn getrost für den technischen Leiter eines Sportvereins aus der deutschen Provinz halten. Das Haar gelichtet, der Bart artig gestutzt, Goldkettchen am Hals und der Gang leicht gebeugt. Es haftet etwas Betuliches an dieser Gestalt, etwas Bürgerliches. Bis er eine Sonnenbrille aufsetzt und seine Gitarre in die Hand nimmt. Wenn Townshend Musik macht, dann kommt sie wieder durch, die ganze Rebellion, mit der er und seine Mitstreiter von "The Who" einst Rockgeschichte schrieben.

Townshend hatte in der großen Zeit von "The Who" den "Windmühlenanschlag" erfunden. Mit einer weit ausholenden Bewegung führte er den Arm nach oben, um Sekundenbruchteile später die Finger gegen die Saiten zu wuchten. Der Brite war einer der ersten großen Rebellen an der Gitarre. Später bauten Keith Richards oder Jimi Hendrix sein Werk aus. Dennoch dürfte Townshend einen Rekord weiterhin halten: Keiner hat so viele Gitarren auf offener Bühne zerstört wie er. Das Fachblatt "Rolling Stone" führt ihn auf Platz zehn der größten Gitarristen der Rockgeschichte. "Viele Menschen haben gar nicht realisiert, wie gut er eigentlich ist."

Beinahe pleite durch Zerstörungswut

Die Zerstörungswut hätte Pete Townshend und seinen Freund Roger Daltrey bei ihren Anfängen beinahe in die Pleite getrieben. Damals hießen The Who noch The High Numbers und der Erfolg blieb aus. Doch Townshend, als Kopf der Gruppe, der neben Daltrey auch John Entwistle und Schlagzeuger Keith Moon angehörten, blieb innovativ. Weit über 100 Lieder stammen aus seiner Feder, darunter die berühmt gewordene Rockoper "Tommy". Townshend prägte nicht nur die Musik, sondern auch den Begriff. "Die alte, konventionelle Art, Musik zu machen, hat ihren Zenit überschritten", beschreibt Townshend seine Motivation.

Townshend hat die wilden 1960er und 1970er Jahre in vollen Zügen durchlebt. Einen verklärenden Blick zurück verkneift er sich. Es war nicht der Drang nach Freiheit, der ihn Drogen und Alkohol in hohen Dosen nehmen ließ. Es war ein knebelnder Plattenvertrag, der ihn unter Druck setzte. In seiner 2012 erschienenen Biografie "Who I am" klingt aus der Feder des Intellektuellen viel Nachdenkliches an. Die Entbehrungen der Nachkriegszeit prägten die Jugend des Musikerkindes, der Rock'n'Roll war das Ventil. Später trat Townshend einer Sekte bei, betätigte sich als Solomusiker, Schriftsteller und Bühnenautor.

Ein dunkles Kapitel in seiner Geschichte sind die Jahre 2003 bis 2008. Damals wurde Pete Townshend in Großbritannien offiziell in der Liste der Sexualstraftäter geführt - allerdings wurde er nie verurteilt. Er hatte mit seiner Kreditkarte im Internet einen Dienst bezahlt, der Kinderpornografie vertreibt. Jedoch konnte ihm eine Straftat nie nachgewiesen werden.

Musikalisch hat Townshend auch mit 70 noch Großes vor. The Who wird am 26. Juni zu neuer Blüte reifen, wenn sie das berühmte Glastonbury Festival beenden. Darüber hinaus arbeitet er an einem größeren Projekt, dessen Ausgang er nach eigenem Bekunden selber noch nicht kennt. "Es könnte halb Rockoper, halb Kunstinstallation werden und ich starte mit einem Buch", sagte er jüngst dem "Rolling Stone". "Aber ich möchte nicht viel darüber sagen."

(dpa)
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