Zum Tode des Superstars Prince war der King

Düsseldorf · US-Popstar Prince ist tot. Der Sänger starb im Alter von 57 Jahren auf seinem Anwesen in Minnesota. Seine Biografie ist Kunst wie seine Musik. Grenzen kannte Prince keine. Sein Perfektionismus war legendär. Eine Würdigung.

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Es gibt diese Stelle in dem Buch "Panikherz" von Benjamin von Stuckrad-Barre, da stirbt ein Freund des Autors, und verzweifelt und trostsuchend ruft Stuckrad-Barre seinen Kumpel Udo Lindenberg an. Lindenberg sagt am anderen Ende der Leitung einen schönen Satz: "Er ist nicht von uns gegangen, er ist vor uns gegangen, wir sehen den dann ja wieder, später, sind ja schon ein paar Experten da oben versammelt, da wird er es gut haben, die singen sich schon mal warm für uns."

Prince ist vor uns gegangen, und er sitzt jetzt da oben mit David Bowie und Lemmy Kilmister, und statt die vergangenen Monate zu verfluchen und eine Petition für den sofortigen Beginn von 2017 zu verfassen, sollten wir hier unten dankbar sein für die Momente mit diesem Künstler. Gerade diejenigen, die in den 80er Jahren sozialisiert wurden, haben sich von ihm beibringen lassen, was Groove ist, Funk und Soul. Prince veröffentlichte sein erstes Album 1978, "For You" heißt es, und Prince verschleuderte während der Produktion das Budget, das ihm die Plattenfirma für drei Alben zugesagt hatte. So war er, Perfektionist einerseits, andererseits hatte er den Hang zur großen Geste, zur Oper, und dazu passt, dass "Purple Rain", das Lied, das ihn 1984 zum Superstar machte, sieben Minuten lang war und eigentlich aus drei Liedern bestand. Er hatte zu viele Ideen für die alten Formate, es war von allem überreichlich in seinem Kopf, und oft lief ihm dann auch noch das Herz über.

Bis auf "Batman" kein wirklich schlechtes Album

Prince wurde vor 57 Jahren in Minneapolis geboren, der Vater war Jazzpianist, und er zeigte dem Sohn all die tollen Platten, denn er wusste, dass die richtigen Platten einen prägen und formen können wie gute Bücher, sie können glücklich machen und einen durchs Leben tragen: Sly & The Family Stone, Joni Mitchell, Miles Davis, Stevie Wonder und Parliament. In der Musik von Prince findet sich dann auch jeder Stil; Funk und Soul ebenso wie Rock und New Wave, er machte da keinen Unterschied, und bis auf die schlimme "Batman"-Platte aus dem Jahr von 1989 gibt es kein wirklich schlechtes Prince-Album.

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Foto: ap

Ebenso wichtig wie als Musiker ist Prince als Persönlichkeit. Das macht ja überhaupt den Typus des Superstars aus, und genau das kennzeichnet auch die anderen großen Helden, die uns die vergangenen Wochen genommen haben. Ihre Biografien waren ähnliche Kunstwerke wie ihr Oeuvre. Prince kämpfte seit den 80er Jahren für das Recht am geistigen Eigentum. Seine Plattenfirma hatte das inzwischen legendäre "Black Album" bereits angekündigt, es sollte der Nachfolger des gigantischen Erfolgs "Purple Rain" werden, aber Prince merkte kurz vor Veröffentlichung, dass es nicht rund war, dass es nichts taugte, dass es keine Prince-Platte war. Er zog es zurück. Es brachte ihm den Hass der Plattenfirma ein, aber er stand dazu. Ähnlich verhielt er sich vor wenigen Jahren bei seinem Auftritt in Köln. Da gefiel ihm der Sound nicht, deshalb verließ er nach ein paar Minuten die Bühne, kehrte dann zurück, spielte ein 15-minütiges Gitarrensolo, schrie das Wort "Soundcheck", hängte noch eine Handvoll Songs dran und ging.

"HITNRUN Phase II" ist gelungen

Zwischen 1993 und 2000 nannte er sich "The Artist Formerly Known As Prince", und dass solche Kapriolen nicht dazu beitragen würden, den Massenerfolg auszubauen, war Prince klar. Er wandte sich schließlich ganz ab von den Vertriebswegen der Industrie, ließ ein Album einer Zeitschrift beilegen, veröffentlichte Stücke ausschließlich auf seiner Homepage oder brachte zwei Alben am selben Tag auf den Markt. Zuletzt arbeitete er an einer Albumreihe. Das zweite mit dem Titel "HITNRUN Phase II" ist gerade erschienen, und obwohl es kaum jemand mitbekommen hat, ist auch das wieder eine gelungene Produktion.

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Foto: Instagram Madonna Screenshot

Der Regisseur Fatih Akin hat mal erzählt, dass sein Vater tagelang nicht mit ihm gesprochen habe, weil in Akins Jugendzimmer das Album "Lovesexy" mit dem nackten Prince darauf gestanden habe. Prince hat rebellisches Potenzial, Prince ist Andersdenker, Neudenker, er kennt keine Grenzen, er ist David Bowie darin sehr ähnlich. Nein: Er war es. Daran muss man sich erst gewöhnen.

Man weiß kaum etwas Privates über ihn. 1986 baute er sich für zehn Millionen Dollar die Paisley-Park-Studios in Minnesota, und die erste Platte, die er dort produzierte, war "Sign O The Times". Das sollte eigentlich ein Dreifach-Album werden, der Hang zum Ausufernden halt, aber die Plattenfirma schaffte es, Prince dazu zu bewegen, das Material auf 16 Songs zusammenzustreichen. "Sign O The times" ist der Höhepunkt im Schaffen dieses Künstlergenies, die beste Platte der 80er Jahre. Damals hielten sich Publikumsdienlichkeit und Wahnsinn noch die Waage. Michael Jackson soll ihn angerufen haben, der große Konkurrent. Er wollte Prince für ein Duett auf dem Album "Bad" gewinnen. Prince fuhr also zu Jackson, ließ sich den Song im Studio vorspielen und ging ohne ein Wort hinaus und reiste ab. Der Song gefiel ihm nicht, es war unter seiner Würde.

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Foto: ap

Der Kameramann Michael Ballhaus, der für Prince dessen völlig überkandideltes und dekadentes Kinoabenteuer "Under The Cherry Moon" (1986) fotografiert hat, erzählte, Prince habe sich immer in einer weißen Limousine durch die nächtliche Stadt fahren lassen und dazu Schostakowitsch gehört. Das ist eine schöne Vorstellung.

Verzeihung, aber Prince war wirklich ein King.

(hol)
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