Johannes Strate veröffentlicht Album Revolverheld-Sänger auf Solopfaden

Berlin (RPO). Bei der Arbeit an seinem ersten Solo-Album "Die Zeichen stehen auf Sturm" hat Revolverheld-Sänger Johannes Strate einen alten Seemann im Kopf gehabt. Ein Seemann, der auf das Meer schaut, das zwar noch völlig glatt ist, doch der alte Mann spürt: Die Zeichen stehen auf Sturm, es wird was kommen, etwas wird sich verändern.

Johannes Strate veröffentlicht Album: Revolverheld-Sänger auf Solopfaden
Foto: dapd, dapd

"Das Solo-Album ist für mich ja auch eine große Veränderung", sagt Strate nach acht Jahren Revolverheld und drei gemeinsamen Platten im dapd-Interview. Er habe in den vergangenen Jahren viele Songs geschrieben, "die nicht wirklich in den Revolverheld-Kontext passten". Und die Aussagen hatten, "die so persönlich waren, so auf mich gemünzt, dass ich keine Lust hatte, diese Songs in die Band-Demokratie zu geben, in dieses 'Komm, wir diskutieren drüber'".

Die Lieder auf dem am Freitag (30. September) erscheinenden Album haben Titel wie "Ich mach meinen Frieden mit mir", "Es tut mir weh dich so zu sehen" oder "Wo ist mein Zuhause wenn nicht hier".

"Beim Soloalbum denkt jetzt jeder, jeder Song ist mir eins zu eins so passiert, das stimmt natürlich nicht", sagt Strate. "Vieles ist wirklich sehr autobiografisch, aber dann tut man auch ein bisschen künstlerische Freiheit dazu." Das Lied "Ich mach meinen Frieden mit mir" findet er für einen 31-Jährigen zum Beispiel "ein bisschen vermessen", da spricht in seiner Vorstellung wieder der alte Seemann.

Auf den Seemann ist der Musiker aus Worpswede bei Bremen gekommen, weil er "ein sehr nordischer Typ" ist, der den Strand auch gern bei Wind und Wetter und Regen mag. Und dass ihm ruhige und akustische Musik immer besser gefiel, hat auch mit seinem Benefiz-Projekt "Feels Like Home" zu tun.

Dafür reist Strate durch die Welt und spürt weniger bekannte Singer-Songwriter auf, die er zu Konzerten nach Deutschland holt, wo sie gemeinsam mit jungen Autoren auftreten. Die Erlöse der Shows gehen an soziale Institutionen.

Strates Idol Jonatha Brooke bei einem Song dabei

Die Idee dazu kam ihm 2008 in New York: Er war mit einer Bekannten in einer Bar, sie wollten sich gerade ein Bier holen, da gab der Musiker auf der Bühne eine Zugabe - und Strate war baff. "Wir konnten uns kein Bier bestellen, weil der Sound so krass war. Und dann kam uns die Idee, den müssen wir nach Deutschland holen." Der Musiker sagte sofort zu, zwei weitere folgten noch am selben Abend, und "Feels Like Home" ging zu Hause in die erste Runde.

Über das Projekt lernte Strate auch die US-Singer-Songwriterin Jonatha Brooke kennen, deren Fan er seit seinem zwölften Lebensjahr ist. Die lud er zum ersten "Feels Like Home"-Abend in Hamburg ein, indem er ihr eine Fanmail über ihre Website schrieb und die "music and reading"-Serie erklärte. Prompt antwortete Brookes Mann und Manager: "Wir sind dabei." Und Strate dachte: "Wie krass, das größte weibliche Idol, das ich je hatte, sagt einfach so Ja."

Auch auf "Die Zeichen stehen auf Sturm" ist Brooke jetzt zu hören - wenn man es weiß. Der Chor am Ende von "Es tut mir weh dich so zu sehen", das "Aaah Huuh", wurde von ihr spontan eingesungen, nachdem Strate und sie in ihrer Wohnung in New York gekocht und viel Wein getrunken hatten. "Das war für mich eine Riesensache", sagt Strate.

Manche Songs sang Strate an vier Orten ein

So wie dieser Chor in New York eingesungen wurde, hat "Die Zeichen stehen auf Sturm" ganz viele Entstehungsstätten. Strate nahm sich dafür ein halbes Jahr lang Zeit, war immer mit einem Mini-Studio im Gepäck unterwegs und sang die Songs je nach Stimmungslage an verschiedenen Orten ein: in seinem Wohnzimmer in Hamburg, im Ferienhaus im italienischen Umbrien, in Berlin, in einer Garage im isländischen Reykjavik, im New Yorker Apartment eines Freundes.

"Wenn ich in einem klinischen Raum in einer Großstadt stehe, dann singe ich anders oder spiele anders Gitarre, als wenn ich in Umbrien auf der Terrasse stehe und sehe, wie weit das Land ist", sagt er. Dieser "Schalter auf der Stimme" sei zwar "minimal", beeinflusse aber "alles". "Wenn es in New York regnet und die Großstadt geht unter, kann man gut am Fenster stehen und einen Song singen."

Manche Songs sang Strate an vier Orten ein, bis sie so klangen, wie er sich das vorgestellt hatte. "Es tut mir weh dich so zu sehen" zum Beispiel, wo nach Proben in Italien, Berlin, Hamburg und New York dann letztere Version auf dem Album landete. "Gespenster" dagegen wurde in Island eingesungen - wegen der "Melancholie und Schwere", die das Land im noch winterlichen April offenbarte.

(DAPD)
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