Interview mit Rod Stewart "Ich bin 71 und habe noch Haare. Darauf kommt es an."

London · Der schottische Sänger spricht über seine Modelleisenbahn und frühe musikalische Vorlieben. Und er gibt Ratschläge zur Kindererziehung. Am 17. Mai tritt er in Düsseldorf auf.

Konzerte 2019 in Düsseldorf: Diese Stars kommen
8 Bilder

Diese Stars kommen 2019 nach Düsseldorf

8 Bilder
Foto: Franziska Hein

Da ruft man ihn also an, und dann meldet er sich mit dieser Rachendrachenraspel-Stimme, und sofort denkt man: Rod Stewart! Er sagt nicht "Hallo" oder so etwas, sondern "Sind Sie es?", was ja ganz schön ist, und als man zurückfragt, ob er es denn auch sei, antwortet er: "Ich bin Mr. Stewart."

Der 71-Jährige tritt jeden Tag in Las Vegas auf, aber jetzt hat er frei. Zumeist lebt er mit Ehefrau Penny und den Kindern Alastair (10) und Aiden (5) in Los Angeles, nur heute nicht, da ist er in seinem Haus in London.

Am 17. Mai tritt Stewart im ISS Dome in Düsseldorf auf. Er ist gut aufgelegt, lustig, und er spricht ein ziemlich breit gekautes Englisch.

Sie haben acht Kinder von vier Frauen. Geben Sie mir einen Tipp: Wie kann ich das allabendliche Zu-Bett-Bring-Ritual abkürzen?

Rod Stewart Mann, wir haben dasselbe Problem! Kinder wollen nie ins Bett. Unser Jüngster jammerte immer: Papa, bitte erzähl mir eine Geschichte. Oder: Sag Mama, sie soll mir eine Geschichte erzählen.

Wie kriegt man es in den Griff?

Stewart Es gibt zwei Tricks. Erstens: lügen. Ich sage, dass es schon zehn Uhr ist, obwohl es erst acht Uhr ist. Ich habe es lange im Guten versucht: Du musst schlafen, damit Du wachsen kannst. Auf diese Weise. Aber das bringt nichts. Zweitens: umgekehrte Psychologie. Ich sage einfach: Du kannst so lange aufbleiben, wie du willst. Irgendwann verliert er dann das Interesse daran.

Das wirkt?

Stewart Mein Sohn wollte sich nie die Zähne putzen. Da habe ich ihm ein Bild meines Vaters gezeigt, der hatte nur noch einen Zahn im Mund. Du musst deine Zähne nicht putzen, habe ich gesagt, aber dann siehst du irgendwann so aus. Fünf Minuten später hat er sich die Zähne geputzt.

Wie oft reden Sie mit Ihren Kindern?

Stewart Ständig. Vier leben in England, vier in Amerika. Wir mailen oder simsen jeden Tag.

Ihr jüngster Sohn ist fünf. Welche Beziehung haben Sie zu ihm?

Stewart Er ist ein kleines Teufelchen, und ich gucke jeden Tag auf seine Stirn, ob da nicht die Zahl 666 steht. Andererseits ist er absolut anbetungswürdig. Er versucht immer, die Grenzen des Erlaubten zu dehnen, und zwar so weit, wie er kann. Ständig höre ich mich rufen: Jetzt ist Schluss! Die anderen waren pflegeleicht, nur dieser ist manchmal unausstehlich. Wir wissen nicht, woran das liegt. Trotzdem liebe ihn abgöttisch. Ach, ich liebe sie alle. Ich bin so stolz auf sie.

Was war das Verrückteste, was sie mit ihren Kindern gemacht haben?

Stewart Da fällt mir sofort diese Sache mit meinem Ältesten ein. Er war acht oder neun, und wir hatten ein Strandhaus in Kalifornien. Seine Mutter war eine notorische Spätaufsteherin und kam erst gegen Mittag herunter. Wir gruben am Fuß der Treppe, die direkt auf den Strand führte, ein tiefes Loch. Wir deckten es mit Ästen und Papier ab, dann tarnten wir es mit Sand. Seine Mutter kam also herunter und fiel hinein. Das Loch war einen Meter tief. Mein Sohn liebte das. Und ich auch.

Ihre Frau wahrscheinlich nicht so.

Stewart Meine Güte, nein. Da war was los. Wir haben viele verrückte Sachen zusammen gemacht.

Gibt es gute Songs über Vaterschaft?

Stewart Oh ja, einen: "Batman, Superman, Spiderman". Er ist der beste, und er ist von mir. Es geht übrigens darum, wie ich meinen Sohn ins Bett bringe.

Und von anderen Künstlern?

Stewart "Beautiful Boy" von John Lennon ist auch sehr schön.

Das stimmt. Alle Väter werden irgendwann sentimental, oder?

Stewart Natürlich. Und wenn man ein Kind hat, will man noch mehr, das ist so.

Ihr Hobby ist die Modelleisenbahn.

Stewart Ich bin Mitglied der Gesellschaft für Modelleisenbahnen.

Wo steht Ihre Anlage?

Stewart In meinem Loft in Beverly Hills. Sie ist 30 Meter lang und acht Meter breit. Sie ist einer historischen Strecke von der Ostküste nachempfunden, alles sieht aus wie 1945. Und sie ist fast komplett. Ich schätze, dass ich zu Weihnachten fertig bin. Wir richten es gerade ein, dass man alles per Computer steuern kann. Die Züge stoppen und fahren dann quasi von alleine.

Sind Sie Popstar geworden, weil man dann länger Kind sein kann?

Stewart Ich sehe mich selbst nicht als Popstar, sondern als Rock-'n'-Roll-Sänger. Aber ich weiß, was Sie meinen. Vielleicht war ich lange Zeit kindisch. Ja, ich war ein Kind, bis ich 30 wurde. Aber jetzt bin ich erwachsen. Jedenfalls ein bisschen.

Welche Musik hörten Sie zuletzt?

Stewart Die neue Platte von Elton John. Aber auch nur, weil er sie mir zugeschickt hat.

Mögen Sie die Platte?

Stewart Sie ist nicht so gut wie mein letztes Album, und das habe ich Elton auch gesagt.

Was hat er geantwortet?

Stewart Bollocks.

Das übersetze ich lieber nicht.

Stewart Wir scherzen immer auf diese Weise miteinander. Wir haben eine sehr gesunde Beziehung und simsen viel.

Welche Platte hat ihr Leben verändert?

Stewart Das war zuallererst "The Girl Can't Help It" von Little Richard. Sie gehörte meinem Bruder, und wir haben sie immer wieder gehört. Und dann "Rock Around The Clock" von Bill Haley. Mein Bruder nahm mich mit, als Bill Haley das erste Mal in London spielte. Ich war elf oder zwölf, und damals habe ich mich in die Musik verliebt.

Und danach kam Bob Dylan.

Stewart Oh, ja. Ich hörte viel Ramblin' Jack Elliott, den Folk-Sänger, er hat mich zu Bob geführt. Dylans erste Platte war unheimlich wichtig für mich. Irgendwann habe ich einen Schnitt gemacht, und danach hörte ich nur noch Sam Cooke. Ich hatte so viele Einflüsse, als ich jung war, deshalb covere ich heute Lieder aus allen möglichen Genres.

Was macht man in Las Vegas eigentlich tagsüber?

Stewart Keine Ahnung, ich bleibe ja nie. Sie fliegen mich aus L.A. um 16 Uhr rüber, und nach der Show fliegen sie mich zurück. Ich bin bin abends immer um halb elf zuhause.

Luxuriös.

Stewart Ja, sie behandeln mich, als wäre ich Elvis.

Was denken Sie heute über den Rod Stewart der späten 70er und frühen 80er Jahre? Vor allem über den, der das Album "Blondes Have More Fun" herausgebracht hat?

Stewart Ach, ich höre mir diese alten Sachen nicht mehr an. Als es rauskam, war ich stolz darauf. Die Ausnahme war "Da Ya Think I'm Sexy?", dafür wurde ich verspottet und gehasst, und ich mochte es auch nicht so richtig. Aber die Zeiten ändern sich, und heute finden es alle gut. Es ist zum ikonischen Song der Disco-Ära geworden. Es waren halt die 80er, und ich war viel jünger.

Hätten Sie gern eine andere Frisur?

Stewart Ich habe es mehrfach probiert. Aber ich sage Ihnen die Wahrheit: Es ist kein Problem des Stylings, sondern der Haare an sich. Sie bleiben einfach nicht liegen. In den 80ern habe ich dann aufgegeben. Ich sah damals, dass die jüngeren Bands mit ähnlichen Frisuren ankamen. Schauen Sie sich Duran Duran an. Heute ist mir der Schnitt egal. Ich bin 71 und habe immer noch Haare, darauf kommt es an.

Das Interview führt Philipp Holstein

(hol)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort