Zwei Konzerte in Deutschland Sineads Wiedergeburt als Geschichtenerzählerin

Köln (rpo). Nachdem Sinead O'Connor ihre Karriere als Popstar aufgelöst hatte, mischt die Irin nun wieder im Muiskgeschäft mit - als Geschichtenerzählerin und Sängerin. Nach eigenen Angaben hat sie schon lange nach dieser Rolle gestrebt. Im November kommt sie für zwei Konzerte nach Deutschland.

 Sinead O'Connors Album "Throw Down Your Arms" ist im August erschienen, im November kommt sie für zwei Konzerte nach Deutschland.

Sinead O'Connors Album "Throw Down Your Arms" ist im August erschienen, im November kommt sie für zwei Konzerte nach Deutschland.

Foto: AP, AP

Zu ihren spirituell inspirierten Kurzgeschichten in Liedform auf dem neuen Album "Throw Down Your Arms" (Ministry O/Edel) erklärt sie: "Lieder dienten die gesamte Menschheitsgeschichte hindurch immer schon hervorragend als Vehikel zum Verbreiten von Geschichten über Hoffnung, Liebe und Glauben."

Problematisch werde es immer dann, wenn der Geschichtenerzähler wichtiger werde als die eigentliche Geschichte, die in einem Song transportiert wird. Entweder weil er oder sie sich selbst überschätzen, "oder weil der Interpret von Fans und Medien maßlos überschätzt wird", sagt eine, die es wissen muss.

Sinead O'Connor vergoss Anfang der 90er Jahre die berühmtesten Tränen der Popgeschichte im Video zu ihrem Megahit "Nothing Compares 2 U". Ihre Interpretation des Liebes-Melodrams, das aus der Feder von Prince stammte, bewegte seinerzeit weltweit Millionen Zuhörer und machte aus der jungen, irischen Frau eine gefeierte Pop-Ikone. Ruhm, Anerkennung, Auszeichnungen - von allem bekam Sinead O'Connor anschließend ein bisschen zuviel.

Die öffentlichen Reaktionen der sensiblen Sängerin fielen entsprechend harsch aus. "Ich wusste zwar, dass 'Nothing Compares 2 U' ein großer Hit war. Mir wurde aber erst sehr viel später klar, wie stark sich meine Erzählung dieses Liebesliedes ins Gedächtnis vieler Menschen eingebrannt hatte. Mich überrollte der Erfolg damals buchstäblich. Ich war 24 Jahre alt und plötzlich interessierte sich jeder für mein Privatleben. Oder schlimmer noch: Für ein paar wenige war ich zu einem Produkt geworden, mit dem man viel Geld verdienen konnte. Das alles passierte in einer Zeit, in der ich eigentlich meine Kindheit, die von Misshandlungen geprägt war, hätte aufarbeiten müssen", erzählt Sinead O'Connor.

Höhepunkt ihrer Rebellion gegen ihr Popstar-Dasein und ihre unglückliche Kindheit, für die sie den katholischen Glauben ihrer Mutter verantwortlicht macht, war eine Live-TV-Übertragung in Nordamerika, bei der sie vor laufender Kamera ein Bild des Papstes zeriss. Wer sich selbst öffentlich derart streitbar darstellt, hat meistens Größeres im Sinn. Und so kam, was kommen musste.

Sinead O'Connor kollaborierte fortan mit Kollegen wie Peter Gabriel, Moby und Massive Attack, interpretierte deren Lieder in ihrer unnachahmlichen, gleichsam sanften und brachialen Weise und bereitete das Ende ihrer eigenen Karriere als Popstar vor. Den Ausstieg verkündete die inzwischen 39-jährige Sängerin schließlich im Juli 2003.

"Für mich war es ein Moment der völligen Erleichterung, als ich das Ende meiner Pop-Karriere bekannt gegeben hatte. Ich empfand den Zirkus der Rock- und Popwelt am Ende als so weit von mir und meiner Persönlichkeit entfernt, dass ich Musik nur noch als Krach empfand und nicht mehr als etwas Spirituell-Schönes. Ich bin Sängerin geworden, weil mich die Geschichten in Songs und deren Interpreten emotional und spirituell stimuliert und gefüttert hatten. Wenn man dann selbst im Popgeschäft angelangt ist, stellt man fest, dass das Rennen um Chart-Platzierungen und Radioeinsätze viel wichtiger ist, als Authentizität und Emotionen. Ich war desillusioniert und ausgebrannt", resümiert O'Connor.

Nun kehrt sie zurück auf die Konzertbühnen und legt mit "Throw Down Your Arms" sogar ein neues Album vor. Lange habe sie darüber nachgedacht, überhaupt keine Musik mehr zu machen, gesteht sie. "Aber mein Wunsch, Geschichten von spirituellem Wert zu erzählen, führte mich auf einen neuen Karriereweg. Zukünftig möchte ich mich ausschließlich spirituell-religiöser Musik widmen."

Dass diese so gar nicht vergeistigt klingen muss, beweißen die zwölf Songs ihres neuen Albums. Ausschließlich Reggae-Songs von Rasta-Helden wie Peter Tosh, Lee "Scratch" Perry und Bob Marley hat O'Connor neu interpretiert und mit den beiden Roots-Reggae-Legenden Sly Dunbar und Robbie Shakespeare auf Jamaika aufgenommen.

Gott ohne Religion verstehen

"All diese Songs mit ihren Geschichten, die im Rastafari-Glauben verwurzelt sind, haben mich in meinem Leben wie Rettungsboote begleitet. Bereits als Teenager wusste ich instinktiv, dass ich dieses Album irgendwann aufnehmen würde. Der normale Pop-Betrieb hätte so etwas nicht zugelassen. Aber jetzt konnte ich mir diesen Wunsch erfüllen. Ich hoffe, dass die Songs und mit ihren Geschichten auch in meiner Interpretation ein paar Leuten Trost und Zuversicht so vermitteln, wie sie mir von den Originalen gegeben wurden."

Auf die Frage, ob sie inzwischen ihren Frieden mit der katholischen Kirche geschlossen habe, blitzt dann doch die streitbare Persönlichkeit wieder auf. "Katholischer Glaube und Spiritualität haben nichts miteinander zu tun. Vielleicht kann ich mit meiner Musik und meinen Geschichten zukünftig ein Stück weit dazu beitragen, dass die Leute erkennen, dass man keine Religion braucht, um Gott zu verstehen. Gott selektiert die Menschen nicht in Kategorien wie Die oder Wir. Das machen nur Religionen. Überall, ob in Amerika, im Nahen Osten oder in Europa. Ich erzähle von Gott und Spiritualität. Nicht von Religion."

Tourdaten (mit Sly & Robbie):
14.11. Berlin (Tempodrom)
15.11. Köln (in Kantine verlegt; ursprünglich E-Werk; Kartn behalten ihre Gültigkeit)

(ap)
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