Rainer Osnowski "Neues wird grundsätzlich kritisch beäugt"

Der Geschäftsführer der Lit.Cologne spricht über die umstrittene Ausweitung ins Ruhrgebiet.

Köln Die Ankündigung, die Lit.Cologne werde in diesem Herbst auch einen Ableger im Ruhrgebiet auf die Beine stellen, hat eine Debatte im Literaturbetrieb ausgelöst: Verdrängt ein großer die kleinen Veranstalter vor Ort? Ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Lit.Cologne.

Treten Sie mit der Lit.Ruhr in Konkurrenz zu Anbietern literarischer Veranstaltungen im Ruhrgebiet?

Osnowski Konkurrenz? Nein, so denken wir nicht. Die Lit.Ruhr wird das bereits vorhandene literarische Angebot um ein eigenes, in der Tat großes Angebot ergänzen. So manche Aufregung von einigen wenigen Literaturanbietern steht im Gegensatz zu den offenen Armen, mit denen wir im Ruhrgebiet von vielen Kulturschaffenden, den Kulturvertretern der Städte, den Verbänden, Vertretern aus Wirtschaft und der Politik empfangen wurden. Es ist schön zu sehen, dass wir mit unseren Plänen offenbar einen Nerv getroffen haben. Natürlich heißt das im Moment noch gar nichts. Wir werden im Oktober mit unserem ersten Literaturprogramm die Erwartungen dann auch einlösen müssen.

Dennoch gibt es von alteingesessen Anbietern Kritik an den Plänen.

Osnowski Neues wird grundsätzlich kritisch beäugt, egal in welchem Bereich, das ist auch in der Kultur nicht anders. Wir nehmen das zur Kenntnis und sind bereits mit vielen Einrichtungen - wie wir das zu Beginn damals auch in Köln gemacht haben - in Kontakt. Wir sind keine geschlossene Gesellschaft und auch nicht so vermessen zu glauben, dass wir all das ganz allein auf die Beine stellen könnten.

Aber fällt es kleineren Veranstaltern mit weniger namhaften Autoren auf Dauer nicht schwer, neben einer lit.Ruhr bestehen zu können?

Osnowski Die Lit.Ruhr findet an fünf Tagen statt, es bleiben für die Veranstalter sagenhafte 360 Tage, um Angebote zu unterbreiten. Da wir auch keinem der gut subventionierten Anbieter seine Gelder wegnehmen, bleibt alles beim Alten, außer: Es wird ein Festival geben mit dem Anspruch, größere Bevölkerungskreise zu begeistern. Das kann positive Auswirkungen haben auch auf den Rest des Jahres.

Befürchtet wird, dass Lit.Ruhr mit der Unterstützung von Stiftungen Geld aus dem Literaturbetrieb zieht.

Osnowski Wer befürchtet das? Ich habe keine ernsthafte Stimme vernommen, die den Unterschied von Stiftungsgeldern und staatlicher Subvention nicht kennt. Das Geld der Stiftungen kommt aus deren Stiftungsvermögen und geht uns, einem als gemeinnützig anerkannten Verein, nach Begutachtung durch diverse Stiftungsgremien zu.

Nun sagen Veranstalter, dass auch ohne eine Lit.Ruhr die halbe Weltliteratur schon im Revier gelesen habe.

Osnowski Das bestreitet ja auch niemand. Sondern: Wir kennen die Verlagspolitik und wissen, dass sie es sind, die über die Leseorte der großen Autoren entscheiden. Und da spielt das Ruhrgebiet derzeit eben eine nur untergeordnete Rolle. Die Szene ist lebendig, keine Frage. Wir aber schaffen es in kurzer Zeit, an nur fünf Tagen viele prominente Autoren ins Ruhrgebiet zu locken, die wahrscheinlich in dieser Zeit am Ruhrgebiet vorbeigegangen wären.

Ist das ein Versuchsballon, mit dem man testet, wie gut das Konzept außerhalb Kölns funktionieren kann?

Osnowski Wir sind in den vergangenen Jahren von verschiedenen Städten gefragt worden, ob wir uns vorstellen können, mit einem angepassten Konzept außerhalb Kölns etwas zu machen. Das ist aber nie so weit gekommen wie im Ruhrgebiet.

Und wie sieht es aus mit Düsseldorf?

Osnowski Düsseldorf ist eine schöne Stadt, allerdings führen wir derzeit keine Gespräche mit Verantwortlichen über mögliche gemeinsame kulturelle Aktivitäten.

(los)
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