Paula gegen den Rest der Welt

Carla Juri ("Feuchtgebiete") spielt die Künstlerin Paula Modersohn-Becker.

Im Jahre 1900 im Hause Becker: Paula sitzt vor ihrem Vater, versteckt hinter einer Leinwand, nur ihre Hände sind zu sehen. "Frauen können keine Malerinnen werden", sagt ihr Vater. Paula lässt sich aber nicht von ihrem Traum abbringen, und so sitzt sie in der nächsten Szene in der Kutsche in Richtung Künstlerkolonie in Worpswede.

Der Film "Paula - Mein Leben soll ein Fest sein" zeigt das Leben der Künstlerin Paula Modersohn-Becker (1876-1907) von ihrem 24. Lebensjahr bis zu ihrem frühen Tod mit 31. Er erzählt von ihrer Begegnung mit dem Landschaftsmaler Otto Modersohn in Worpswede, ihrer Freundschaft zu der Bildhauerin Clara Westhoff und dem Dichter Rainer Maria Rilke sowie davon, wie schwer es für sie war, dass ihre Kunst verkannt wurde.

In Worpswede angekommen erntet Paula ziemlich schiefe Blicke von ihrem Lehrer Fritz Mackensen. Sie solle detailgenau abbilden. Natürlich könnte sie das, aber sie malt lieber das, was sie sieht, und nicht das, was sich dem Betrachter unmittelbar offenbart. "Frauen werden nie etwas Schöpferisches hervorbringen - außer Kinder", wirft er ihr an den Kopf. Verletzt läuft Paula davon, doch ihre neu gewonnenen Freunde stehen ihr bei. Zu Otto Modersohn, der sich für ihre künstlerische Blickweise interessiert, entwickelt sie Gefühle. Beide wollen heiraten. Und so läutet Paula erfüllt von Glück die Kirchenglocken.

Die Paula in Christian Schwochows Film ist ungestüm, liebenswert, zielstrebig und verletzlich. Verkörpert wird sie durch Carla Juri, die auch die Hauptrolle in der Romanverfilmung "Feuchtgebiete" spielte. Die 32-Jährige ist großartig. Sie ist es, die den Film durch ihr leichtes, offenes Spiel trägt. Doch eines muss dem Zuschauer klar sein: Die Paula, die Regisseur Schwochow darstellt, entspringt seiner Interpretation. Die Melancholie und Ernsthaftigkeit der echten Paula werden im Film nur angedeutet. Die großen Selbstzweifel werden hingegen gut deutlich. Besonders, als Paulas Mann Otto ihre Kunstwerke im Streit beleidigt. Der Fokus des Filmes liegt weniger auf den Werken der Künstlerin, eher auf ihrer Beziehung zu dem elf Jahre älteren Künstler Otto. Nach fünf Jahren Ehe reist Paula nach Paris, um dort zu leben, zu lernen und zu arbeiten. Sie will sich selbst verwirklichen, ist aber auch enttäuscht von ihrem Ehemann, der sie noch nicht zur Mutter gemacht hat.

Das Leben von Paula Modersohn-Becker, die mit ihren über 750 Gemälden und 1000 Zeichnungen den Expressionismus prägte, wird im Film in komprimierter Weise dargestellt. Durch die authentischen Kostüme und das Szenenbild - beides wurde mit dem deutschen Filmpreis ausgezeichnet - wird der Zuschauer in das beginnende 20. Jahrhundert versetzt. Unvergesslich ist die Szene, in der Paula mit Koffern unter den Armen und der Staffelei auf der Schulter durch den glänzenden Schnee in Richtung Horizont streift und dabei eine unübersehbare Spur hinterlässt.

(eler)
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