Peter Doherty fehlt die Leidenschaft

In "Confession" spielt der Rockmusiker einen jungen Adligen, der sich enttäuscht von der Liebe in das Salonleben stürzt. Filmpartnerin Charlotte Gainsbourg ist er schauspielerisch allerdings nicht gewachsen.

Er ist ein kaputter Prinz, dieser Peter Doherty. Der Rockmusiker besitzt das Gesicht eines schönen Knaben, hat aber schon früh so viel Drogen konsumiert, dass die Spuren diesem Knaben die Unschuld aus der Miene geraubt haben.

Das macht Doherty zur Idealbesetzung für den jungen Octave aus Alfred de Mussets autobiografischem Roman "Bekenntnisse eines jungen Zeitgenossen", in dem der französische Romantiker von seiner Liebe zu George Sand erzählt. Octave ist ein Idealist, der an die ewig gültige Liebe glaubt, bis ihn seine junge Geliebte Elise betrügt. Schnell schlägt bei Octave die Kränkung um in Depression, die er bekämpft, indem er sich in den Exzess stürzt. Er will sich rächen an den Frauen und an der romantischen Idee von der ewigen Liebe. Natürlich läuft das auf Selbstzerstörung hinaus.

Die französische Regisseurin Sylvie Verheyde setzt in ihrer Romanverfilmung ganz auf die gebrochene Ausstrahlung ihres Hauptdarstellers. Und das ist ein Problem, weil Doherty zwar aussieht wie ein von der Dekadenz angekränkelter junger Mann, aber kein guter Schauspieler ist. Darum gelingt es ihm nicht, sich in einen Historienfilm einzufügen, ein Adliger des 19. Jahrhunderts zu werden, einer, dem man Mussets schönen, klugen Worte über die Liebe glaubt.

Stattdessen dreht Doherty verlegen an seinen Zylindern, schwenkt seine Spazierstöcke als könne er sich selbst damit verzaubern, bleibt aber immer ein verkleideter Rockmusiker, dem man die Gitarre genommen hat.

Das wird umso auffälliger, als Charlotte Gainsbourg seine Filmgefährtin ist. Sie spielt die schon leicht ältliche Witwe Brigitte, die Octave auf dem Land kennenlernt. Dorthin zieht er sich zurück, als sein Vater unerwartet stirbt und er selbst von den Orgien in den Pariser Salons völlig erschöpft ist. Auch Gainsbourg kann ihre Zeitgenossenschaft nicht völlig abstreifen, aber ihr eigenwilliger Charme passt zum 19. Jahrhundert, und sie kann ihren Figuren jenes Geheimnis lassen, das Zuschauen erst spannend macht.

Gainsbourg weiß Verletzlichkeit mit Anmut zu verbinden und überrascht immer wieder durch Stärke und Leidenschaft, die sie wie einen Schatz im stillen See versenkt. Doch ihre Schauspielkunst läuft ins Leere. Wenn sie bei Kerzenschein am Klavier sitzt, dem Geliebten den Rücken zuwendet und doch alles ausdrückt, ihre Sehnsucht, Hoffnung und dunklen Ahnungen, dann kann Doherty das nicht erwidern. Er sitzt nur auf seinem Stuhl und wartet auf die nächste Wanderung über den Acker, bei der er schmollend den Spazierstock schwenken kann.

Wahrscheinlich wäre August Diehl die bessere Wahl für die Hauptrolle gewesen. Doch ihm fällt nur die Nebenrolle als Octaves Zechgefährte zu, der sich ebenfalls durch die Nächte treiben lässt, doch unverwundbarer erscheint, weil er an die Möglichkeit unschuldiger Liebe nicht glaubt. Spät bemerkt er, dass auch das einen Preis hat.

Dabei bemüht sich Verheyde, einen ästhetisch eigenwilligen Kostümfilm abzuliefern. Mal lässt sie ihre Bilder in der Schwebe, gönnt sich Zeit für fahle Stimmungen, für Melancholie, die wie Nebel über die Landschaft und in die Adelshäuser kriecht. Dann stößt sie die Kamera in den Exzess, lässt sie schwanken und sich drehen, bis Schwindel und Rausch der Menschen in den Salons auch den Zuschauer überfallen. Das erinnert ein wenig an die Bildsprache einer Sofia Coppola in deren Kostümfilm "Marie Antoinette", ist aber weniger überdreht, weniger poppig, weniger mitreißend.

Man sieht diese Bilder gerne an, doch am Ende bereiten sie nur die Atmosphäre für eine Geschichte, die nie zu fesseln vermag. Vor allem als die Liebe zwischen Octave und der zurückhaltenden Witwe, um die er lange kämpft, endlich Fahrt aufnimmt, als aus Werben Leidenschaft wird und bald auch Drama, Eifersucht, Verrat, da tritt zu Tage, wie wenig Doherty und Gainsbourg ein überzeugendes Paar abgeben. Diese so unterschiedlichen Stars gemeinsam in einen Historienfilm zu verfrachten, mag für die Filmvermarktung ein kluger Schachzug gewesen sein, auf der Leinwand geht die Idee nicht auf.

Umso trauriger verhallen Alfred de Mussets gültigen Sätze über die Liebe. Ach, man hätte seinem Roman andere Botschafter für die Gegenwart gewünscht. So ist ein Film über die Macht der Leidenschaft entstanden, der sich von historischer Durchschnittsware abheben will, aber kein Herz erreicht. ll

(RP)
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