Peter Handke zurück in Serbien

Und schon wieder schreibt Peter Handke über Serbien! Dabei ist der Ausruf nicht der Wiederholung geschuldet, sondern Ausdruck einer Sorge, der österreichische Dichter könnte abermals Partei für Serbiens Kriegsverbrecher ergreifen. Doch seine "Geschichte des Dragoljub Milanovic" (Jung und Jung, 40 Seiten, neun Euro) ist der Rettungsversuch für einen Einzelnen: für den früheren Direktor des staatlichen Radiosenders RTS, der, nachdem die Nato das Gebäude am 23. April 1999 bombardiert hatte, noch von der serbischen Regierung für den Tod von 16 Angestellten verantwortlich gemacht wurde. Milanovic habe das Haus nicht evakuieren lassen, so die Anklage.

Seither sitzt er in Haft. Handke besucht ihn dort zweimal, spricht mit ihm, will wissen, was geschah. Dabei begegnet der Dichter einem Melancholiker und Lyriker, und man hat den Eindruck, als begegne der am serbischen Schicksal Leidende im Gefängnis seinem Spiegelbild. Aber Handke sieht auch, dass der Sender ein Symbol des Staates war, Propaganda lieferte. Auch RTS stellte das serbische Volk "als ein ganz besonderes, einmaliges, unvergleichliches, nach all den Bombennächten den Tag feierndes" dar. Ist das nun eine Verteidigungsschrift für Milanovic, ein Klageruf, eine Momentaufnahme aus Serbiens Nachkriegsgegenwart? Vor allem ist es ein weiteres Mosaik zu Handkes großem und vielleicht einzigem Lebensthema. Diesmal dient er Serbien mit seinen Worten: Unglaublich die Beschreibung der Birke gleich neben dem bombardierten Rundfunkhaus, mit all den Tonbändern, die "als spezielle Girlanden in einem fort hin und her schwingen".

(RP)
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