Jürgen Wiebicke Philosophieren über das gute Leben

Die zweite phil.cologne widmet sich ab Mitte Mai großen Menschheitsfragen..

Jürgen Wiebicke: Philosophieren über das gute Leben
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Köln Die zweite phil.cologne wird sich vom 19. bis 25 Mai den großen und kleinen Fragen der Menschheit widmen (www.philcologne.de). Zahlreiche Denker - wie Peter Sloterdijk, Rüdiger Safranski, Herfried Münkler und Bernard-Henry Levy - werden zu den 42 Veranstaltungen erwartet. Zum Kompetenzteam der phil.cologne zählt auch der Radio-Philosoph Jürgen Wiebiecke.

Kann man die Philosophie als eine Gegenbewegung unserer Zeit verstehen, in der Vieles auf Produktivität und Effizienz ausgelegt ist?

Wiebicke Genau so. Es gibt ein gewisses Unbehagen in der Gesellschaft - darüber, dass wir immer funktionieren, Prozesse optimieren und Abläufe strukturieren wollen. Bestimmte Seiten werden dagegen vernachlässigt. Darum wollen wir auf der Phil.Cologne ja auch über das gute Leben reden. Das Spannende ist, dass wir damit an Fragestellungen aus der Antike anknüpfen, die noch im 20. Jahrhundert mausetot zu sein schienen. Fragen des guten Lebens, des Glücks und des Sinns waren ja fast verboten.

Wir sind also wieder in der Antike angekommen.

Wiebiecke Das Tolle an der Philosophie ist, dass das keine Wissenschaft ist, die Veralterungsprozesse kennt. Der Prozess ist vielmehr: vergessen und Wiedererinnern. Und das würden wir nicht tun, wenn wir in unserem Lebensstil nicht eine Leerstelle entdeckt hätten, dass in unserem Leben etwas fehlt.

Böses Wort: Hat die Philosophie auch einen Nutzwert?

Wiebiecke Wir sind nicht dafür zuständig, endgültige Antworten zu finden. Sondern die Irritationen und die Konfrontationen mit neuen Gedanken für etwas Produktives zu halten. Verunsicherungen gehören also unbedingt auch immer dazu. Und das widerspricht im engeren Sinne auch den Gedanken des Nutzens.

Kann Philosophie das Leben oder das Sterben einfacher machen?

Wiebicke Der Anfang und das Ende des Lebens sind natürlich heiße Eisen in der Philosophie. Mein Lebensanfang liegt hinter mir; ich konnte mr nicht aussuchen, in welche Zusammenhänge ich hineingeboren wurde. Und ob mir das Sterben durch die Philosophie leichter wird, das werde ich wahrscheinlich erst beantworten können, wenn es kurz vor zwölf Uhr ist. Aber dass man sich Gedanken darüber macht, was am Lebensende geschieht oder geschehen könnte, das gehört unbedingt zur Philosophie. Aber das Sterben? Das ist eine Beleidigung und Kränkung für uns, dass wir überhaupt sterben müssen.

Sind wir, die über Philosophie und über Philosophen reden, dann auch schon Philosophen?

Wiebiecke Jetzt wird es schwierig bei der Frage, wer eigentlich Philosoph ist und wer nicht. Philosophie ist nicht das, was sich in der Universität abspielt. Denn wenn dies so wäre, wären viele prominente Philosophen überhaupt keine Philosophen gewesen. Also können auch unsere Gespräche schon Philosophie sein.

Gibt es denn für Sie drei Dinge, die schöner sind als Philosophie?

Wiebiecke Ich bin jetzt nicht bereit, eine Hierarchie vorzunehmen. Also für mich gehören dazu definitiv Fußball, gutes Essen und Trinken - na ja, und Sex.

(RP)
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