Köln Proteste gegen Soldatengottesdienst

Köln · Die Heilige Messe im Kölner Dom war völkerübergreifend.

Die 37-jährige Tradition der internationalen Soldatengottesdienste in Köln ist seit gestern um eine Tradition ärmer – nämlich jene der Teilnahme des amtierenden Verteidigungsministers an der Heiligen Messe. Franz Josef Jung war stets im Dom, ebenso Thomas de Maizière, während sich Karl-Theodor zu Guttenberg von seiner Frau vertreten ließ. Nun steht an der Spitze des Verteidigungsministeriums erstmals selbst eine Frau, die aber wurde ein "Opfer" der sogenannten GroKo, deren Kabinett sich zur Klausur nach Meseberg zurückgezogen hatte – über 500 Kilometer fern der "hilligen" Domstadt.

Ursula von der Leyen aber zeigte dennoch Flagge und entsandte zum Gottesdienst mit 1200 Soldaten aus vielen Ländern neben dem stellvertretenden Generalinspekteur der Bundeswehr vier Staatssekretäre sowie 27 Generäle. Die vornehmlich grauen Winteranzüge der Soldaten ließen im Dom aber nicht richtig erkennen, wie völkerübergreifend dieser Gottesdienst war. Erst mit den Fürbitten bekam man davon einen Eindruck, die auch auf Portugiesisch, Japanisch, Diola, Urdu, Arabisch und Mazedonisch verlesen wurden.

Zur Tradition gehören auch die Proteste gegen die soldatische Präsenz im Dom. Inzwischen ist es aber nur noch eine überschaubare Gruppe von Versprengten, die ihr Transparent "Selig sind, die Frieden stiften" unverdrossen in den kalten Wind der Domplatte hielten. Tags zuvor hatte sich bereits die Internationale Friedensbewegung im Kölner Bistum, Pax Christi, zu Wort gemeldet und kritisiert, dass dieser Gottesdienst einseitig das Militärische aufwerte. "Uns schmerzt die öffentliche Wirkung von Militärfahrzeugen und mehr als tausend uniformierten Soldaten vor und im Kölner Dom." Dies verdunkle das vielfältige gewaltfreie Friedensengagement der Kirche.

Dieser Vorwurf aber ließ sich kaum in Einklang bringen mit der Friedensbotschaft des Gottesdienstes, in dem der Kölner Erzbischof eindringlich eine Haltung der Offenheit für den Nächsten und Mitmenschen beschwor. Eine Offenheit, die mehr als nur Toleranz bedeute. Diese Offenheit "lässt den anderen nicht nur gelten, sondern ist neugierig auf ihn", so Joachim Kardinal Meisner.

Die Heilige Messe mit Soldaten, die erstmals Kardinal Höffner 1977 damals noch in der Apostelkirche zelebrierte, lebt von dieser Spannung: den Uniformen der Streitkräfte und der christlichen Friedensbotschaft. Und wer den Ernst und die Andacht der Gottesdienstbesucher sah, wird kaum noch die Berechtigung dieser Feier bezweifeln können. Danach ging es bei der Versorgung aber wieder ein wenig militärischer zu: Die höheren Ränge trafen sich zum Empfang im Maternushaus, an die Mannschaften wurde eine warme Stärkung gleich neben dem Dom im Römisch-Germanischen Museum ausgegeben.

Sollte Verteidigungsministerin Ursula van der Leyen im kommenden Jahr wieder teilnehmen können, wird sie möglicherweise selbst Zeugin einer unterbrochenen Tradition werden. So wird man wohl ohne einen Kölner Erzbischof feiern; denn dass bis dahin ein Meisner-Nachfolger gefunden ist, dürfte unwahrscheinlich sein.

(RP)
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