Darmstadt Rainald Goetz mit Georg-Büchner-Preis geehrt

Darmstadt · Der Schriftsteller Rainald Goetz (61) ist am Wochenende in Darmstadt für sein Lebenswerk mit dem Georg-Büchner-Preis geehrt worden. In seiner Laudatio erklärte der Mitherausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Jürgen Kaube, das Werk des Preisträgers enthalte "eine Polemik gegen Illusion und Fiktion". Alle Stoffe entnehme der Autor seinem tatsächlichen Leben. "Eine Zeit lang schien Goetz ohnehin alles zu einem Tagebucheintrag zu werden", sagte Kaube.

Der mit 50.000 Euro dotierte Büchner-Preis wird von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung verliehen und gilt als bedeutendste literarische Auszeichnung im deutschsprachigen Raum. Goetz sagte in seiner Dankesrede, die Auszeichnung stehe für ihn im Spannungsfeld zwischen der Jugend seines Namensgebers und der ehrwürdigen Akademie, die ihn vergebe. Diese Akademie sei jedoch eine "geniale institutionelle Provokation". Sie "vergesellschaftet das individuelle Schreiben" von Autoren, die mit fortschreitendem Alter zu "kaputten Ich-Spezialisten" würden. Deshalb sei er froh, dass die Akademie auch junge Autoren ehre.

Skeptisch äußerte sich Goetz über politische Literatur: "Natürlich stellt sich Literatur der Welt - aber langsam." Damit werde sie Teil der gesellschaftlichen Debatte. Die Reflexion des Aktuellen gehöre jedoch in den Journalismus.

Goetz wurde in München geboren und wuchs dort auf. Nach dem Abitur studierte er dort sowie in Paris Geschichte, Theaterwissenschaft und Medizin. Sowohl in Geschichte als auch in Medizin erwarb Goetz einen Doktortitel. Seit 1976 schrieb Goetz für die "Süddeutsche Zeitung" vorwiegend Rezensionen, 1978 erschien seine erste Veröffentlichung in der Literaturzeitschrift "Kursbuch", 1983 sein erster Roman "Irre". Schlagartig berühmt wurde Goetz 1983 durch seinen Auftritt beim Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt, als er sich vor laufenden Kameras die Stirn mit einer Rasierklinge ritzte und seine Lesung blutüberströmt beendete.

Außerdem wurden in Darmstadt der Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg (75) mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa und die Journalistin und Schriftstellerin Gabriele Goettle (69) mit dem Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay ausgezeichnet. Beide Preise sind mit je 20.000 Euro dotiert.

(epd)
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