Duisburg Spektakulärer Tanz auf Glasscherben

Duisburg · Der Japaner Saburo Teshigawara erkundet die Welt der Zerbrechlichkeit.

Die wichtigste Antwort vorneweg: Ja, man kann auf Glas tanzen. Zumindest Saburo Teshigawara kann es. Der japanische Tänzer und Choreograf hat diese Technik perfektioniert und präsentierte nun erstmals mit seiner Compagnie Karas eines seiner Glas-Stücke bei der Ruhrtriennale.

Schon seit 25 Jahren setzt sich der 61-jährige Teshigawara mit dem zerbrechlichen Material auseinander. Er untersucht, was es mit Körpern, Licht und dem umgebenden Raum macht und lotet Grenzen aus. So nun auch bei "Broken Lights", das in der ehemaligen Gebläsehalle in Duisburg den perfekten Ort fand. Die Bühne ist bereits übersät mit unzähligen Scherben; an jedem Abend kommen neue hinzu, verändern den Raum und die Bedingungen für die Tänzer. Teshigawara zerdeppert kontinuierlich Glasscheiben im DIN-A 4-Format: Mal wirft er sie auf den Boden, mal schlägt er sie gegeneinander, mal stampft er sie mit dem Fuß kaputt. Das klingt jedes Mal anders, mal klirrend, mal scheppernd, mal krachend. Virtuos zitternd wie ein Greis wackelt er im schwarzen Anzug über die Bühne, sein Mund ist mit einem schwarzen Band überklebt. Nur selten dringen klagende Laute aus ihm heraus.

Seine Partnerin ist Rihoko Sato, die in ihrem hautfarbenden Anzug nackt und zerbrechlich wirkt auf diesem Meer aus Glas. Auf einer imaginären (Lebens-)Linie, die nur ab und zu durch Licht angezeigt wird, bewegt sie sich über die Bühne, tanzt zunächst wie in Zeitlupe, erkundet den Raum um sich herum mit weit ausholenden Armbewegungen. Wo sie sich länger auf der Stelle bewegt, bleiben nur feine Glassplitter übrig, die unter den Tanzschuhen knirschen; die Ledersohlen schonen die Füße erstaunlicherweise vor Verletzungen. Auch wenn Teshigawara auf Knien über das Glas rutscht oder Sato sich hinlegt, gibt es keine blutigen Schnitte.

Harte Lichtwechsel sorgen für stetigen Wechsel der Stimmungen und transformieren den Raum. Mal wirft das vom Glas gebrochene Licht schimmernde Punkte an die Wände wie Sterne - was wunderschön ist, wenn Grillen vom Band zirpen -, mal wird nur der Bühnenboden beleuchtet und wirkt wie eine kalte glatte Eisfläche. Ein an der Wand hängendes Glasstück reflektiert das Licht eines einsamen Scheinwerfers auf die dann dunkle Bühne - wie ein göttliches Zeichen vom Himmel.

Die Erkundung von Raum, Körper und Material endet so unvermittelt, wie sie begonnen hat. Was bleibt, sind noch mehr Scherben, denen sich die Tänzer bei der nächsten Aufführung stellen müssen.

Termine: 19., 20., 21. September, 20 Uhr, Kartentelefon: 0221 280210.

(RP)
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