Kolumne: Eine Frage des Stils Schweigen oder ehrlich sein?

Gehäkelte Topflappen in geschmacksfreien Farben, Kühlschrankmagnete in Form von Tieren, fragwürdig duftende Parfüms oder Bücher, die besser nie geschrieben worden wären: Geschenke dieser Güteklasse hat wohl jeder schon zu Weihnachten bekommen.

 Unsere Kolumnistin Barbara Grofe.

Unsere Kolumnistin Barbara Grofe.

Foto: RP/ Ekkehart Malz

Die Frage ist: Wie reagiert man adäquat? Sagt man dem Schenker, dass das Präsent leider gar nicht dem eigenen Geschmack entspricht? Oder schweigt man Überraschung und Bestürzung weg, lächelt, bedankt sich und hofft auf Besserung im nächsten Jahr? Keine einfache Entscheidung.

Wir gehen mal vom Optimalfall aus: Der Schenker möchte dem Beschenkten wirklich eine Freude machen, es handelt sich nicht um eine Pflichtgabe. Er probiert ernsthaft zu überlegen, was den Beschenkten glücklich machen könnte; er investiert Zeit und Mühe und Geld, um etwas aus seiner Sicht Passendes zu finden. Wenn es trotzdem nicht klappt und das Geschenk nicht gefällt, bleibt die Geste eine sehr liebe und liebgemeinte. Völlig nachvollziehbar ist es dann, dem Schenkenden nicht das Herz brechen zu wollen und zu schweigen.

Richtiger, ehrlicher wäre es aber, sich für die Idee zu bedanken, auszudrücken, dass man die Geste absolut zu schätzen weiß, aber auch, dass dieses Geschenk dummerweise leider nicht den eigenen Geschmack getroffen hat. Vielleicht kann man es ja umtauschen und gemeinsam doch noch etwas Passenderes finden.

Dieses - zugegeben schon etwas mutige - Vorgehen hat mehrere wirklich charmante Aspekte: Indem er ehrlich ist, zeigt der Beschenkte, dass er Vertrauen in die Beziehung hat. Er weiß offenbar, dass ein solches Gespräch nichts Schlimmes anrichten kann. Schön ist außerdem, dass jeder - wenn auch auf die härtere Tour - immer noch ein bisschen mehr über den Anderen erfährt. Und dass dadurch die Chance immer größer wird, dass man einander irgendwann Geschenke schenkt, die nicht nur wirklich von Herzen kommen, sondern auch perfekt passen.

Stellen Sie sich eine Stilfrage immer wieder? Schicken Sie sie uns per Mail an stilfrage@rheinische-post.de.

(grof)
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