Weimar Seltene Ballettmusik von Strauss auf CD

Weimar · Die Staatskapelle Weimar hat Richard Strauss' einstündige "Josephs Legende" eingespielt.

Eines Tages weilte der große Komponist Richard Strauss in Berlin und machte eine künstlerische Erfahrung außerhalb seines Kompetenzbereiches. Bei ihrem Gastspiel sah er im Januar 1913 die weltberühmten Ballets Russes von Sergej Diaghilew, mit denen Igor Strawinsky in Paris einige Monate später Furore machen sollte (bei der Uraufführung des "Sacre du printemps"). Laut eigener Bekundung war Strauss von der Truppe so entzückt, dass er für sie ein Ballett komponieren wollte. Wie gut das Werk gelungen ist, zeigt jetzt eine neue CD aus Weimar. Es geht um die "Josephs Legende" op. 63.

Natürlich benötigte Strauss seinen Spiritus rector, den Librettisten Hugo von Hofmannsthal. Der beriet ihn zu Handlung, Dramaturgie und szenischer Wölbung; und weil beide eh schon an der biblischen Antike größtes Gefallen hatten, reanimierten sie in gewisser Weise die Geschichte der Prinzessin Salome, nur mit vertauschten Rollen und Lebensaltern. In "Josephs Legende", so hieß das gemeinsame Ballett-Projekt, geht es um die reife Frau Potiphar, die "der Welt des Reichtums, der Macht, Schönheit und Lebenskunst" angehört, und ihre bizarre Liebe zu dem Hirtenknaben Joseph.

Strauss machte sich an die Arbeit, für ihn war es animierend, zwischen zwei Opern wie "Ariadne auf Naxos" und der "Frau ohne Schatten" mal keine Sänger bedienen zu müssen. Andererseits war das für den Meister auch eine gewisse Mühsal, denn nun musste das Orchester all das leisten, was es bei Strauss ohnedies andauernd tut - sich verausgaben.

Strauss verausgabte sich auch, indem er zwei paradoxe Dinge gleichzeitig tat: Er verfeinerte die Besetzung und sorgte für immer mehr Klangfarben im Orchester. Die kannte man zum Teil schon aus früheren Sträussen, etwa das Heckelphon (eine Oboe, die eine Oktave tiefer klingt) oder die plinkernde Celesta. Das Orchester klingt nicht etwa lauter, sondern reichhaltiger, schillernder - eine kompositorische Tendenz, die in der "Ariadne" derzeit in Düsseldorf zu bestaunen ist.

Die Uraufführung 1914 in Paris geriet orgiastisch. Dass die angeblichen Mühen des Komponisten beinahe unüberhörbar sind, ist nun auch ein Hauptverdienst der hinreißenden Neuaufnahme der Ballettmusik mit der Staatskapelle Weimar unter Stefan Solyom. Die lassen ihren Strauss duften und klingeln, aber sie wissen auch die großen Geschütze aufzufahren, auf die der Komponist nie verzichten konnte. Das Opus dauert knappe 66 Minuten, und Strauss-Kenner werden den typischen Tonfall des Komponisten - Ästhetisierung durch luxuriöse Reduktion - sofort erkennen. Im Strauss-Jahr (zum 150. Geburtstag) ist diese CD hochwillkommen.

Richard Strauss, Ballett "Josephs Legende" op. 63; Staatskapelle Weimar, Stefan Solyom (cpo)

(RP)
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