„Abgrund“ Seltsame Haie, brennende Schiffe

Hamburg · Bernhard Kegel legt mit "Abgrund" einen faszinierenden Galapagos-Krimi vor.

 Bernhard Kegel: „Abgrund“,Mare Verlag, 384 Seiten, 22 Euro

Bernhard Kegel: „Abgrund“,Mare Verlag, 384 Seiten, 22 Euro

Foto: verlag

In vielen Kriminalromanen rückt die Kulisse während der langwierigen Suche nach dem Täter immer wieder in den Vordergrund. Sizilien bei Andrea Camilleri! Island bei Fred Vargas! Die Eifel bei Jacques Berndorf! In Bernhard Kegels neuem Roman "Abgrund" ist die Landschaft allerdings der Hauptdarsteller, wir befinden uns auf den Galapagos-Inseln, und bevor wir ins Detail gehen, fragen wir: Ist das überhaupt ein Krimi?

Das Großartige dieses Buches ist, dass es die Frage nicht beantwortet. Vielmehr hält der Autor, 1953 in Berlin geboren und promovierter Biologe, brillant die Balance zwischen naturkundlichen Erörterungen und der Aufklärung eines Todesfalls, nachdem Schiffe zu brennen begannen; das eine drängt sich nicht vor das andere, und das liegt an den beiden Hauptfiguren, die dort, auf den Galapagos-Inseln, ihre junge Liebe einer ersten Prüfung unterzogen sehen.

Er ist Meeresbiologe und macht in den Meeren rund um den naturgeschützten Archipel die Begegnung mit einem Hai, den noch kein Taucher vor ihm gesehen hat; sie ist Chefin der Kieler Mordkommission, sozusagen die Frau Borowski. Selbstverständlich wird sie von den maßlos überforderten lokalen Behörden in die Lösung des Falles eingeschaltet, wobei es unseren Meeresbiologen mächtig wurmt, dass der Chef der Inselpolizei überaus charmant ist, blendend aussieht und fließend Deutsch spricht.

Was der Mensch mit der ihm anvertrauten Natur macht; was das alles mit Charles Darwin zu tun hat; warum Öko-Terrorismus ein neues Betätigungsfeld übertrieben kämpferischer Aktivisten ist - dies alles thematisiert "Abgrund" auf sehr professionelle Weise. Hinterher fühlt man sich bestens gerüstet für eine (nicht zu grüne) Debatte über Seegurken, Hybridhaie sowie die Folgen des Korallentourismus; und man verlässt das Buch mit dem Gefühl, bestens unterhalten und nebenbei nicht zu hemdsärmelig belehrt zu werden; Autor Kegel lässt seine Fachkompetenz nie aufdringlich erscheinen.

Und der Krimi? Ach ja, der schimmert durch das Buch eher subtil hindurch, und das macht es so geheimnisvoll. Und wenn man denkt, die Lösung versandet in einer der herrlichen Buchten der fernen Galapagos-Inseln, dann gewinnt der Fall eine Dramatik, die man das gesamte Buch über nicht erwartet hatte und die einen am Ende umhaut.

(w.g.)
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