Düsseldorf Spitzel im Museum Kunstpalast

Düsseldorf · Schauspielhaus schickt Zuschauer zum Geheimdienstrundgang ins Museum.

Kaum die Kopfhörer aufgesetzt, wird der Zuschauer schon zum Objekt der Alleswisser hinter den Kulissen. Die sonore Stimme eines Schauspielers lenkt ihn im Düsseldorfer Museum Kunstpalast die geschwungene Steintreppe hinauf, hinein in die ständige Sammlung. Bald werden ihm die ersten Gewissensfragen gestellt: Ob er Informationen besitze, die andere erpressbar machen oder ob er einen Menschen töten würde, wenn das den Tod von vielen anderen verhindere. Von der Antwort hängt ab, wie sich der Besucher weiter durch eine Theaterinszenierung bewegt, die das Museum als kostbaren Spielplatz benutzt und hineinführt in das Reich der Agenten und Geheimdienste. 90 Minuten später wird man allerhand Insidern gelauscht, wertvolle Gemälde betrachtet, mit anderen Besuchern konspirativ Zettelchen getauscht und eine Weile auf der Toilette verbracht haben. Viel klüger wird man nicht sein.

Die Gruppe Rimini Protokoll hat gerade in der Ausweichspielstätte Central des Düsseldorfer Schauspielhauses eine Großbaustelle eingerichtet, über die sich die Zuschauer arbeiterkolonnenweise bewegen, manches über Pfusch am Bau lernen und zu einer bewegten Theatergemeinde verschmelzen. Der Abend ist Teil einer Reihe, die sich in vier Inszenierungen mit dem Zustand der Demokratie befasst. Der erste Teil, die geheimdienstliche Museumsbegehung "Top Secret International (Staat 1)", erlebte seine Uraufführung an den Münchner Kammerspielen und ist nun, transponiert ins Museum Kunstpalast, in Düsseldorf zu erleben.

Leider fehlt dieser Arbeit der Charme, der Rimini Protokoll sonst ausmacht: Es gibt nur wenige Überraschungsmomente, wenn die Zuschauer durch die Kulisse laufen und so unbewusst zu Darstellern werden. Vor allem ist es der Theatergruppe kaum gelungen, Experten aus der Wirklichkeit zu finden, die Unbekanntes erzählen. Zwar sind unter den Menschen, die in die Kopfhörer flüstern, spannende Gesprächspartner wie der frühere BND-Präsident Gerhard Schindler oder Ex-Agenten der CIA. Doch man erlebt sie nicht, hört nur ihre Stimme. Und sie geben wenig preis.

Das mag in der Natur der Sache liegen, geheim ist geheim. Doch dem Zuhörer schenkt das keine Erkenntnis. Dafür wird er mit Moralfragen unterhalten, durch die er seinen Wege scheinbar selbst bestimmen darf. Dabei geht es bei diesem Thema ja gerade nicht um individuelle Entscheidungen, um Richtig und Falsch, sondern um strukturelle Zwänge. So bleibt das größte Geheimnis dieser Inszenierung, warum sie im Museum spielt.

Weitere Termine für die inszenierten Rundgänge unter: www.dhaus.de

(dok)
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