Starke Juliette Binoche in einem Film voller Klischees

Drama "Das bessere Leben" über eine Journalistin, die unter Prostituierten recherchiert

Juliette Binoche kann diese reifen Frauen spielen, die schön sind, begehrenswert und tief in ihrer Seele traurig. In Malgoska Szumowskas zweitem Spielfilm "Das bessere Leben" ist sie die französische Journalistin Anne, die an einer großen Reportage arbeitet über Studentinnen in Paris, die sich ihr Studium durch Prostitution verdienen. Mit ihrer selbstbewusst ruhigen Art gewinnt Anne das Vertrauen zweier Frauen: Charlotte will den kleinen Verhältnissen entfliehen, in denen sie aufgewachsen ist. Durch das Studium allein glaubt sie, ihr Ziel nicht zu erreichen, also beschafft sie sich als Hostess den finanziellen Freiraum für ein Leben nach ihren Maßstäben. Die selbstbewusste Alicja ist aus Polen nach Paris gekommen, braucht das Geld als Startkapital für das Leben im fremden Land, genießt es sogar, wenn reiche Kunden sie luxuriös bewirten, ihrer Mutter aber verheimlicht sie diesen Job.

Anne befragt diese Frauen nach ihren Motiven, Träumen, der Abscheu, dem Ekel bei ihren Treffen mit den Kunden. Und fast gegen ihren Willen spürt sie so etwas wie Bewunderung in sich aufkommen. Sie beneidet die Frauen um ihr Selbstbewusstsein, ihren Trotz, vielleicht auch nur darum, dass sie noch jung sind.

Szumowska erzählt davon indirekt, indem sie Anne zuhause zeigt, in ihrer gediegenen Pariser Wohnung, in der sie seltsam verloren wirkt. Den pubertierenden Söhnen räumt und schimpft sie hinterher, zwischen ihrem Mann und ihr liegt eine eisige Wand aus Enttäuschung und Vorwürfen.

Der Film hätte also einmal anders vom Thema Prostitution erzählen können, ohne naive Weichzeichnerei, ohne Anklage. Doch leider holen die Klischees Szumowska doch ein: Wenn Anne sich mit ihrem Mann streitet, geht es um das Übliche – wer kümmert sich um die Kinder – mit den üblichen Dialogen. Auch die beiden Prostituierten wirken wie am Reißbrett entworfen mit ihren symptomatischen Lebensläufen und stereotypen Ansichten zum Recht, den eigenen Körper zu verkaufen.

Obwohl der Film dezent gedreht ist, Geschmack beweist im Arrangement seiner Bilder, erzählt er doch nur das Altbekannte. Da kann dann auch Juliette Binoche noch so sinnlich in der Küche Muscheln aufschneiden für das Festmahl, das sie dem Chef ihres Mannes bereiten soll. Spätestens als sie sich in den Finger schneidet, Blut in den Ausguss tropft, ist klar, dass hier eine Regisseurin ihr Thema anders angehen wollte, dann aber doch nur die üblichen Metaphern fand. ll

(RP)
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