Köln Stefan Heße - Kölns denkbarer Generalvikar

Köln · Sähe es im gesamten Erzbistum so aufgeräumt aus wie auf dem Schreibtisch von Stephan Heße. müsste man sich um die Zukunft der Diözese keine Sorgen machen. Und hinter dem Schreibtisch steht eine Bücherwand, die genau das ist, was sie anschaulich macht: dekorativ. Jahrgänge von liebevoll gebundenen Amtsblättern, doch alle unberührt und ungebraucht. Und zwischendurch ein ulkiges Foto vom Dach des Maternushauses, hinter dem gerade einmal die Spitzen des Kölner Doms hervorlugen.

Das also ist die aktuelle Machtzentrale des Kölner Erzbistums, und Stefan Heße als Diözesanadministrator ist gewissermaßen sein mächtigster Mann. In der Zeit der sogenannten Sedisvakanz, des verwaisten Bischofsstuhls, hat er zwar die gleichen Rechte und Pflichten wie ein Diözesanbischof; doch geht es mehr ums kluge Verwalten als um ein spektakuläres Neugestalten. Laut Kirchenrecht gilt auch für ihn der Grundsatz: "Sede vacante nihil innovetur" - während der Bischofsstuhl leer ist, darf nichts verändert werden.

Der gebürtige Kölner Heße, der gestern 48 Jahre alt geworden ist, hat eine beachtliche Laufbahn vorzuweisen: Von seiner Stelle als Kaplan in Bergheim wechselte er 2003 ins Generalvikariat, wurde Abteilungsleiter für Pastorale Dienste und ab 2006 Hauptabteilungsleiter Seelsorge; es folgten die Berufungen zum Päpstlichen Ehrenprälaten und Domkapitular; vor zwei Jahren wurde er der neue Generalvikar, also der Finanzminister, und dieses Jahr Diözesanadministrator. Heße hat Karriere gemacht, ohne im Ruf eines Karrieristen zu stehen. Wie auch, wenn er innerhalb eines Jahres gleich zweimal seinen Job dank zweier Kardinäle verliert. Als Generalvikar musste er am 28. Februar Punkt zwölf Uhr mit der Amtsentpflichtung von Kardinal Meisner seinen Hut nehmen. Und wenn der neue Erzbischof, Kardinal Woelki, am 20. September in sein Amt eingeführt wird, muss Heße erneut den Stuhl des Administrators räumen.

Um Heße muss man sich aber keine Sorgen machen. Er soll bereits auf der Dreierliste des Domkapitels für die Meisner-Nachfolge gestanden haben. Gelegentlich wird er jetzt auch für Limburg genannt. Doch Heße sagt, dass man sich nach dem Amt eines Diözesanbischofs "nicht unbedingt sehnen müsste". Außerdem sei er froh, "die Rolle des Entscheiders jetzt als Übergang erlebt zu haben". Und: "Ich habe mich nie um ein Amt beworben. Ich lasse mich überraschen, was kommt." Nach seinen Worten ist es in der Kirche "immer schlecht, wenn man sich über Positionen definiert. Es ist darum auch gut, wenn es den Punkt gibt, an dem man sagt, es ist gut, wie es kommt, und dann lasse ich mich neu senden."

Das sagt er in seinem alten Büro des Generalvikars, und es spricht manches dafür, dass er in dieses Amt auch unter Erzbischof Woelki zurückkehren könnte. Kaum einer kennt das Bistum so gut wie Heße. Und Heße kennt Woelki aus ihrer gemeinsamen Bonner Zeit. Den neuen Erzbischof schätzt er als einen "treuen und verlässlichen Menschen, der zu dem, was er sagt, steht". Zu ihm könnte ein gut organisierter Fachmann wie Heße passen, zumal es große Aufgaben zu bewältigen gibt. 2030 rechnet man im Erzbistum mit einem Drittel weniger an Kirchensteuern. "Und da muss man sich rechtzeitig entscheiden, wofür man künftig das Geld ausgeben will oder nicht."

Der Generalvikar stirbt mit dem Bischof, heißt es salopp. Unter dem neuen Bischof könnte man in Köln eine Wiederauferstehung des Generalvikars erleben.

(RP)
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