Bochum Doppelspitze für die Ruhrtriennale

Bochum · Stefanie Carp und Christoph Marthaler leiten ab 2018 das große Festival.

 Stefanie Carp und Christoph Marthaler leiten ab 2018 das große Festival.

Stefanie Carp und Christoph Marthaler leiten ab 2018 das große Festival.

Foto: Ina Fassbender

Als vor drei Jahren die Nachfolge des vorzeitig abgetretenen Düsseldorfer Schauspielhaus-Intendanten Staffan Holm diskutiert wurde, fiel auch der Name der Dramaturgin Stefanie Carp. Im Frühjahr 2013 war sie für das Schauspielprogramm der Wiener Festwochen zuständig, die sie dann jedoch kurz darauf im Unfrieden wieder verließ.

Nun landet die gebürtige Hamburgerin durch die Rochaden des internationalen Theater- und Festivalbetriebs tatsächlich im Ruhrgebiet. Als zukünftige Intendantin der Ruhrtriennale wird sie mit ihrem langjährigen künstlerischen Partner Christoph Marthaler als Doppelspitze installiert.

Marthaler wird Chefregisseur und bringt seine ausgeprägte Affinität zur Musik mit ins bewährte Team, während Carp vor allem mit ihren innovativen und risikofreudigen Programm-Konzepten von sich reden machte.

Bei den Wiener Festwochen nannte sie eine der Programmschienen "Unruhe der Form" und gab zu Protokoll, Kunst solle nicht gute Absichten realisieren, sondern vor allem verstören. In Wien arbeitete sie an der Öffnung des Theaters hin zur Performance, zur Installation, zur Intervention und zur Bildenden Kunst und Musik. Mit ihrem radikal international gedachten und anti-repräsentativen Programm machte sie sich in Wien nicht nur Freunde.

Und auch in Zürich, wo sie seit 2000 als Chefdramaturgin in der Intendanz von Christoph Marthaler am Schauspielhaus wirkte, gab der künstlerische Erfolg dem Team zwar überwältigend recht. Der eigenwillige Kurs erzeugte bei der lokalen Kulturpolitik aber harten Gegenwind und führte zum frühzeitigen Abbruch des Experiments.

Marthaler, der als Regisseur mit seiner Spielart von unendlich verlangsamten Musiktheater groß wurde, inszenierte zuletzt mehrfach an der Züricher Oper: Auf das Opernpasticcio "Sale" zu Händel'scher Musik, das bereits 2012 visionär die europäische Abschottungspolitik thematisierte, folgte 2015 Rossinis "Il Viaggio a Reims" mit einer brisanten Diagnose des politischen Stillstands in Europa. Für Frank Castorfs Berliner Volksbühne — Marthalers zweite Heimat - inszenierte er gerade den schrägen Retro-Country-Abend "Halleluja (Ein Reservat)" im Ostberliner Spreepark.

Das Team Carp/Marthaler steht also für Widerständiges und Unbequemes. Aufgrund der langen gemeinsamen Vorgeschichte könnte man auch unken, für Vorhersehbares. Und dass diese Wahl für die Leitung des hoch subventionierten Leuchtturm-Festivals vielleicht ein bisschen zu sehr auf Nummer Sicher setzt. Der amtierende Ruhrtriennale-Intendant Johan Simons sieht das anders: "Eine richtig gute Wahl!" sagte er bei der gemeinsamen Pressekonferenz.

(RP)
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