Eine Frage des Stils In der Ruhe liegt die Kraft

In unserer Kolumne "Eine Frage des Stils" beantworten unsere Autoren Leserfragen dazu, wie man sich stilvoll durchs Leben bewegt.

Diese Situation hat wohl jeder schon einmal erlebt: Eine Diskussion, die ganz sachlich begonnen hat, schaukelt sich hoch. Im weiteren Verlauf geht es nicht mehr um den Austausch von Argumenten, sondern um die verbissene Verteidigung von Standpunkten, am Ende gar um das Niedermachen des Gesprächspartners, der auf einmal unverhohlen ein Gegner ist. Innerhalb kürzester Zeit lässt sich so eine Menge Porzellan zerschlagen. Aber wie lange kann es dauern, bis alles wieder gekittet ist!

Dieses Ende zu bedenken, ist absolutes Muss für jeden, der vor einem Gespräch steht, von dem er weiß, dass dessen Verlauf durch vermintes Gelände führen kann. Regel Nummer eins lautet daher: Wer sein Gesprächsziel aus den Augen verliert, indem er sich provozieren lässt oder andere reizt, wird dieses Ziel verfehlen. Garantiert. Dann kann man es auch gleich lassen und sich und anderen eine Menge Ärger ersparen. Hämmern Sie sich diese Regel ein, bevor es losgeht. Machen Sie folgende Vorsätze zu Ihrem Mantra: besonnen bleiben. Zuhören. Polemik nicht mit Polemik beantworten, vielmehr freundlich darauf hinweisen, dass bestimmte Aussagen als unangemessen empfunden werden. Korrigieren Sie sich, entschuldigen Sie sich gegebenenfalls, sollten Sie einen Eindruck erweckt haben, der nicht beabsichtigt war. Gewinnen Sie Ihr Gegenüber für sich. Dann gewinnen Sie auch am Schluss. Denn Argumente werden durch Lautstärke nicht stärker. In der Ruhe liegt die Kraft. Wer sie bewahrt, zeigt Stil.

Höchste Disziplin ist dabei angesagt - und ein Plan: Am besten, man schreibt die Gedanken, die einem sowieso im Kopf herumgehen, wenn man an den einen oder anderen ungelösten Disput denkt, einmal auf. Wer gut vorbereitet in ein schwieriges Gespräch hineingeht, behält den Überblick und lässt sich nicht aus dem Konzept bringen. Max Frisch hat mal gesagt: "Man sollte die Wahrheit dem anderen wie einen Mantel hinhalten, dass er hineinschlüpfen kann - nicht wie ein nasses Tuch um den Kopf schlagen." Das ist souverän. Das hat Stil.

Ihre Fragen? Bitte unter "Eine Frage des Stils" an kultur@rheinische-post.de

(RP)
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