Düsseldorf Till Brönner – sanft und geschmeidig

Düsseldorf · Der international gefeierte Jazz-Trompeter hat ein neues Album veröffentlicht.

Schlicht "Till Brönner" heißt das neue Album des Trompeters, der eines der auch international großen Aushängeschilder des deutschen Jazz ist. Musiker betiteln entweder ihre erste Platte so oder einen Neustart. Bei Till Brönner, der sein erstes Album "Generations of Jazz" bereits 1993 veröffentlichte, ist es eine Art Neuanfang. Ein Neuanfang auch, weil die eigene Musik bei ihm zuletzt in den Hintergrund gerückt ist.

Schlagzeilen machte er etwa als Juror der RTL-Casting-Show "X Factor" ("Till Brönner hat in der Show geweint"). Er schrieb das Buch "Talking Jazz", das in Gesprächsform eine einfache Einführung in den Jazz gibt. Und auf seinem letzten Album "At The End of the Day" war er dem seichten Pop nah wie selten.

Das jetzt erschienene "Till Brönner" ist Neustart und Rückkehr zugleich. Es ist Ausdruck der Wiederbeschäftigung des Trompeters mit einer alten Liebe: dem opulent arrangierten Jazz der späten 60er und 70er Jahre. Entspannte und lässige Klänge sind das, die Vorläufer dessen, was in den 90er Jahren als Acid-Jazz wiederkehrte und als Easy-Listening- oder Lounge-Musik bezeichnet wurde. Till Brönners Vorbilder sind Musiker wie der amerikanische Trompeter Freddie Hubbard, der auf dem CTI-Label des Verve-Produzenten Creed Taylor Alben in dieser Art aufnahm. Brönner markiert das Revier, in dem er jetzt wildert, auch mit Coverversionen. "Condor" zum Beispiel, das Titelstück von Dave Grusins Filmmusik zum Thriller "Die drei Tage des Condor", ist dem Original unglaublich nah. Auch bei Till Brönner behält es seinen sanften, unaufdringlichen Fluss trotz der komplexen Arrangements für Bläser, Streicher, Gitarre, E-Piano und Rhythmussektion. Im Vergleich klingt es sogar besser als das Original: voller, ausgewogener, weniger seicht.

Till Brönner gelingt auf seinem neuen, zum Glück rein instrumentalen Album also in idealer Weise, woran viele scheitern: einen geliebten Sound aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu holen, einer heutigen Hörerschaft näher zu bringen. Einer Hörerschaft, die den Blick zurück nicht scheut und nach den musikalischen Experimenten des digitalen Zeitalters auch alte, analoge Klänge wieder zu schätzen weiß.

In den besten Momenten klingt "Till Brönner" wie die frühen Alben der Popgruppe Air – wie bei Freddie Hubbards "Gibraltar", wo das blubbernde Rhodes-Piano einen heißen Flirt mit dem fluffigen Kontrabass eingeht und die Trompete sich sanft und geschmeidig darüberlegt.

Brönner wurde in Viersen geboren und lebt in Berlin. Seine Musik ist in den Metropolen zu Hause.

(RP)
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