Vom Ende zweier Egozentriker

Stewart O'Nan schildert die letzten Tage des Schriftstellers F. Scott Fitzgerald.

"Er war der Prototyp des auf allerhöchstem Niveau produzierenden Alkoholikers", sagt Stewart O'Nan, der dem vielleicht begnadetsten Stilisten des sogenannten Jazz Age Ende der Zwanzigerjahre, F. Scott Fitzgerald einen fabelhaften Roman gewidmet hat. Ein literarisches Biopic, das dessen Fährte just an jenem Punkt aufnimmt, da seine Existenz bereits in die Schlussphase des Überlebenskampfs eingetreten ist. Man bittet Fitzgerald nach Los Angeles, wo er im Auftrag der Studiobosse aus miserablen Drehbüchern halbwegs brauchbare machen soll. Doch die Kosten für die Klinikaufenthalte seiner Frau Zelda verschlingen den Großteil der Honorare. Und längst ist der Verfasser solcher Romane wie "Der große Gatsby" oder "Zärtlich ist die Nacht" ein x-beliebiger Lohnschreiber, dessen Traum von der großen Karriere sich nicht erfüllt hat. Am Ende versucht er vergebens Margaret Mitchells Roman "Vom Winde verweht" in ein brauchbares Filmdrehbuch zu verwandeln. Denn kaum hat er sich über das Buch gebeugt, feuert man ihn auch schon wieder.

"Ich bin der König des Schiefgehens!" sagte er. "Und ich deine Königin!" Zwei Sätze, die auf den Punkt bringen, was das Glamour-Paar der "Roaring Twenties" - den Schriftsteller F. Scott und Zelda - einst ausmachte: die schicksalhafte Verbindung zweier Egozentriker, die kometenhaft zum Vorzeigepaar ihrer Zeit aufstiegen und den Traum von Ruhm, Glamour und Größe personifizierten - um ebenso rasch und vor allem tragisch wieder zu verglühen. Zeldas Leben endete als Insassin wechselnder psychiatrischer Anstalten; ihren Mann erlegte ein zweiter Herzinfarkt, nachdem er sich als gehetzter Drehbuchdoktor an die launischen Macher der Kitschküche Hollywood verkauft hatte.

Stewart O`Nan, der mit Romanen wie "Engel im Schnee", "Das Glück der Anderen" oder "Abschied von Chautauqua" bekannt wurde, entführt seine Leser in "Westlich von Sunset" auf eine kleine, anekdotenreiche Zeitreise, die ihn zurückführt in jene aufregende Dekade, da Namen wie Ernest Hemingway, Dorothy Parker, Humphrey Bogart oder Spencer Tracy das intellektuelle Klima Amerikas bestimmten; Wesen, die inzwischen selbst wie literarische Erfindungen anmuten - und denen der Leser im Buch noch einmal begegnet. Mitten unter ihnen: die Fitzgeralds.

O`Nan, der sich zum Teil bis auf Porentiefe an die beiden großen Heimatlosen heranzoomt, setzt zwei Menschen ins Bild, die bereits mit Ende Dreißig greisenhaft und ausgebrannt wirken wie zwei, die zuviel Leben abbekommen haben. "Eine Zeitlang fand Scott in Hollywood zurück zu seiner Liebe zum Schreiben, weil er sah dass er es noch konnte" sagt O'Nan. Retten aber kann ihn dieses Gefühl am Ende ebenso wenig wie die Affäre, die ihn bis zum Schluss mit der strahlend schönen Sheila Graham verbindet. Vom Fitzgeralds prozesshaftem Zerriebenwerden zwischen seinem hohen Anspruch und seiner Angst, zu scheitern, handelt Stewart O'Nans großartiger Roman.

(RP)
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