Düsseldorf Vor Gott ist jeder gute Mensch heilig

Düsseldorf · Das Fest Allerheiligen geht aus einem Festtag im römischen Pantheon hervor.

Superorthodoxe Katholiken weisen gern mahnend darauf hin, dass Allerheiligen für die Heiligen da sei und Allerseelen für die Toten aus unserem persönlichen Umfeld – Eltern, Kinder, Ehepartner und so. Aber das ist theologisch und kirchengeschichtlich zu eng ausgelegt. In Wirklichkeit ist Allerheiligen nämlich ein Fest der gedanklichen Weite.

Es geht gar nicht darum, dass wir morgen am 1. November des heiligen Cyriakus oder des heiligen Benedikt oder des heiligen Nepomuk gedenken, also grandioser Persönlichkeiten, die von Rom irgendwann für würdig befunden wurden. Jeder dieser Heiligen, die vom Papst heiliggesprochen wurden, besitzt einen eigenen Gedenktag. Dies ist in der Regel der Sterbetag des Heiligen, soweit er bekannt ist. Man feiert den Heiligen deshalb an seinem Sterbetag, weil er, im Falle eines Märtyrers, an diesem Tag für seinen Glauben gestorben ist und weil wir annehmen, dass er am Tag seines Todes zu Gott in das Himmelreich aufgefahren ist und somit seine Bestimmung erlangt hat.

Doch nicht alle Heiligen sind uns bekannt. Und darüber hinaus gibt auch viele, die Gutes getan und sich für andere aufgeopfert haben, von denen aber keiner etwas weiß. Sie sind ebenfalls Heilige – die Heiligen des Alltags. Ihre Heiligsprechung hat einzig Gott auf seiner Vorschlagsliste, und diese Liste ist endlos. Wir alle sind nämlich Heilige, wenn wir uns heilig verhalten. Nur Gott weiß, dass auch wir, die anonymen Krauter auf Erden, heilig sein können. Gott hat in dieser Hinsicht ein fabelhaftes Gedächtnis. Er merkt sich das Heilige im Menschen, es geht nicht verloren.

Deshalb dürfen wir am Festtag Allerheiligen an die großen Heiligen denken und gleichwohl zu unseren liebsten persönlichen Heiligen auf den Friedhof gehen; es spricht dann nichts dagegen, dass wir auch am Tag Allerseelen denselben Weg noch einmal gehen. Die Toten zu ehren, mit ihnen zu sprechen – das ist selbst ein Vorgang, welcher der Heiligsprechung durch Gott würdig ist.

Woher kommt Allerheiligen? Dazu müssen wir, zum zweiten Mal an dieser Stelle, nach Rom schauen. Kaiser Hadrian hatte im zweiten nachchristlichen Jahrhundert das römische Pantheon wieder aufgebaut und dort einen sogenannten Ort des Respekts und der Verehrung geschaffen. Dort durfte allen Göttern gehuldigt werden, egal welcher Religion. Damit schuf der Kaiser in Rom eine kluge Balance zwischen den verschiedenen religiösen Interessen. Um 680 weihte Papst Bonifaz IV. das Pantheon zur christlichen Basilika. Um sie vollkommen zum christlichen Ort zu verwandeln, wurde dort um 830 erstmals ein Fest der Heiligen und Märtyrer gefeiert.

So wurde aus einer Stätte für heidnische Götter eine Stätte für den christlichen Gott – und so entstand auch Allerheiligen.

(RP)
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