Düsseldorf Westfalens Museumsflaggschiff in neuem Glanz

Wie ein Bug aus Sandstein stößt die Neubauspitze des LWL-Museums für Kunst und Kultur auf den Domplatz von Münster vor. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) brachte für sein Museumsflaggschiff 39 Millionen Euro auf. Das Land Nordrhein-Westfalen gab neun Millionen Euro dazu. Der mit dem Altbau von 1908 harmonisch verbundene Neubau ist eigentlich ein mächtiger Klotz. Doch er wirkt mit seiner Fassade aus hellgelbem Sandstein, geschliffenem Sichtbeton und langen, sechs Meter hohen Fensterbahnen leicht und heiter. Entworfen wurde er vom Berliner Architekten Volker Staab, der bereits mit vorangegangenen Museumsneubauten und -sanierungen auf sich aufmerksam machte, etwa dem Neuen Museum Nürnberg, dem Albertinum Dresden und der Neuen Galerie in Kassel.

Staab bezeichnet sein Bauwerk als "Museum der Höfe". Der Vorplatz an der Rothenburg, der offene Innenhof, "Patio" genannt, das Foyer und der Vorhof am Domplatz bilden eine Passage, die zwar ins Museum locken möchte, aber auch einfach nur als innerstädtische Abkürzung genutzt werden kann. Das äußerst geräumige und sehr helle Foyer ist 14 Meter hoch. Es wirkt mit seinen schnörkellosen Ecken und Kanten wie ein imposantes, geometrisch abstraktes Raumbild. Die Einbauten und die zu den Sammlungsräumen führenden Treppen sind aus dunkler Eiche. Durch die vor fünf Jahren aufgenommenen Baumaßnahmen, die mit dem Abriss des in den 1970er Jahren errichteten Erweiterungsbaus begannen, wurde die Ausstellungsfläche um 1800 auf 7500 Quadratmeter erweitert.

Sie verteilt sich im ersten und zweiten Obergeschoss des Alt- und Neubaus auf 51 Räume. Die offerieren einen chronologisch geordneten Rundgang durch 1000 Jahre Kunst- und Kulturgeschichte bis in die Gegenwart. Die historischen Abteilungen konzentrieren sich auf Westfalen. International hingegen ist die Gegenwartskunst vertreten, wobei ein Schwerpunkt auf allen Spielarten der Abstraktion liegt.

Das Museumsteam um Direktor Hermann Arnhold hat mit dem Architektenbüro Staab und dem für die Ausstellungsgestaltung engagierten Stuttgarter Büro Space4 Kulissen geschaffen, die auf die Bedürfnisse der Kunstwerke genau abgestimmt sind. Unterschiedliche Raumzuschnitte und Wandfarben spielen dabei tragende Rollen. Überwältigend, ja fast schon brachial ist der Auftakt. Der erste Raum erstreckt sich mit acht Metern Höhe über zwei Geschosse und ist vor dunkelblauen Wänden dem monumentalen "Bockhorster Triumphkreuz" (Eichenholz, Ende 12. Jahrhundert) vorbehalten.

Blickachsen leiten die Aufmerksamkeit auf die Hauptwerke der Sammlung, etwa das "Soester Antependium" (um1170/80). Es zeigt den von den vier Evangelistensymbolen umgebenen Christus als thronenden Weltenherrscher, flankiert von Johannes dem Täufer und Kirchenvater Augustinus, Maria und der heiligen Walburga. Das Prachtstück gilt als ältestes erhaltenes Tafelbild nördlich der Alpen.

Bedeutendstes Zeugnis hochgotischer Bildhauerkunst in Westfalen sind die Sandsteinskulpturen von Maria und zehn Aposteln (um 1370/74). Sie weisen Spuren der Zerstörung auf, denn sie wurden von den Wiedertäufern, die für einige Zeit in Münster eine Schreckensherrschaft errichtet hatten, um 1534 vom Westportal der Überwasser-Kirche gestürzt und in der Stadtbefestigung verbaut. Nun sind sie vor ochsenblutroten Wänden in dem spitzen Raum aufgestellt, der von außen betrachtet den Museumsbug zum Domplatz bildet.

In der Mitte des Raums der "redseligen Bilder" steht der Altaraufsatz des Meisters von Schöppingen mit zahlreichen Passions- und Heiligenszenen (um 1440/50). Vom Dreißigjährigen Krieg und den Friedensschlüssen 1648 in Osnabrück und Münster handelt der Raum "Krieg und Frieden", in dem das Gemälde "Allegorie auf Gerechtigkeit und Frieden" (1659) des Rubens-Mitarbeiters Theodor van Thulden hängt. Das Privileg eines eigenen Raums genießt dagegen der Expressionist und Blaue Reiter August Macke.

Öffnungszeiten Di.-So. 10-18 Uhr, Domplatz 10, Münster

(RP)
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