WestLB-Sammlung Kunstverkauf: EU widerspricht Portigon

Düsseldorf · Im Streit um den angeblichen Verkauf der WestLB-Kunstsammlung verstecken sich Landesregierung und Portigon hinter Vorgaben der EU. Sowohl die Kommission als auch der Bund halten sich raus.

 Experten widersprechen Portigon-Chef Kai Wilhelm Franzmeyer.

Experten widersprechen Portigon-Chef Kai Wilhelm Franzmeyer.

Foto: Portigon

Der angekündigte Verkauf der WestLB-Kunstsammlung auf dem freien Markt könnte platzen. Mitarbeiter der EU-Kommission widersprachen auf Anfrage unserer Redaktion Aussagen von Portigon-Chef Kai Wilhelm Franzmeyer, denen zufolge ein solcher Verkauf mit Blick auf Vorgaben der EU juristisch zwingend ist.

"Ein Zwang, die Kunstsammlung zu verkaufen, besteht nicht", heißt es in Brüssel. Auch das Bundesfinanzministerium will von einem solchen juristischen Zwang nichts wissen: "Die Entscheidung über den Verkauf von Kunstwerken aus dem Eigentum der Portigon AG obliegt den Gremien des Unternehmens", sagte eine Sprecherin.

Die landeseigene Bank Portigon ist Nachfolgerin der WestLB und wird auf Druck der EU zerschlagen. Franzmeyer hatte vor zwei Wochen in unserer Zeitung den Verkauf der rund 400 Stücke umfassenden Sammlung angekündigt, zu der auch Werke von internationaler Bedeutung gehören. Weil es um den bislang größten Fall von Kunstverkäufen aus staatlichem Besitz geht, wird der Vorgang bundesweit als Präzedenzfall betrachtet.

Franzmeyer hatte im Interview gesagt: "Es gibt zum Verkauf keine Alternative. Aufgrund von Vorgaben der Europäischen Kommission muss Portigon abgewickelt werden. Das bedeutet: Wir müssen sämtliche Vermögensgegenstände - und damit auch die Kunstsammlung - verwerten." Selbst die Landesregierung als Portigon-Eigentümerin könne sich nicht darüber hinwegsetzen, weil "das Land NRW nicht alleiniger Kapitalgeber der Portigon" sei.

Der rechtliche Rahmen verlange die bestmögliche Verwertung, weshalb auch Preisnachlässe etwa für Museen unzulässig seien. Alles andere "wäre eine unzulässige Benachteiligung der anderen Kapitalgeber", sagte der Banker.

Die neue Brüsseler Wettbewerbskommissarin, die Dänin Margrethe Vestager, die über die Portigon-Zerschlagung wacht, will aber offenbar keine Vorgaben für den Verkauf der Kunstsammlung der Bank machen. Ihre Behörde wurde bislang auch nicht über die Verkaufspläne von Portigon informiert. Der Zerschlagungsbeschluss der Kommission sieht zwar offenbar vor, dass der WestLB-Nachfolger Wertpapiere und Gebäude verkaufen muss, um die Abwicklungskosten für den Steuerzahler zu minimieren. Von der Kunstsammlung der nordrhein-westfälischen Bank ist in dem Beschluss aber mit keinem Wort die Rede.

Als der WestLB-Vorstand 2006 hinter dem Rücken der Landesregierung ein wertvolles Gemälde von Max Beckmann verkaufte, stellte der damalige Finanzminister Helmut Linssen (CDU) mit einer neuen Regelung sicher, dass künftig der Aufsichtsrat bei Kunstverkäufen das letzte Wort hat. In dem Gremium haben NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) und Bruno Kahl vom Bundesfinanzministerium je eine Stimme, weil Bund und Land je knapp die Hälfte des Portigon-Eigenkapitals gestellt haben.

Die übrigen sieben Vertreter sind überwiegend Vertraute von Walter-Borjans oder Vertreter von anderen Landesunternehmen. Also entscheidet faktisch die Landesregierung über die Zukunft der Sammlung. Sie könnte - am besten mit Einverständnis des Bundes - wahrscheinlich einen vergünstigten Verkauf an Museen oder eine Schenkung ermöglichen. Sie würde damit allerdings dem Steuerzahler einen Teil des theoretisch möglichen Verkaufserlöses vorenthalten. Franzmeyers Bedenken halten viele Beobachter dagegen für vorgeschoben.

(RP)
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