Wie die Elbphilharmonie unser Musikleben verändern wird

Nach langer Bauzeit wird Hamburg am 11. Januar seinen neuen Konzertsaal eröffnen. Was bedeutet dieser imposante Saal für Deutschland? Profitiert auch Düsseldorf von ihm?

Es wurde oft und gehässig über Hamburg, die Zeitverzögerungen und Preissteigerungen beim Bau der Elbphilharmonie gesprochen. Aber diese Querelen hatten natürlich auch ihr Gutes: Die Erwartungen wuchsen schier ins Unermessliche, und der Mythos, der sich um dieses Bauwerk bereits jetzt rankt, hatte Zeit, zu wachsen und zu gedeihen - und vermochte weitere Legenden zu treiben. Es steht außer Frage, dass Hamburg und Norddeutschland von diesem Saal maximal profitieren werden, obwohl wir über die Akustik noch kein einziges Tönchen haben verlauten hören. Sie ist ein sehr gut gehütetes Geheimnis; die Musiker des NDR-Orchesters haben bereits geprobt und waren, wie es hieß, den Tränen nahe. Für das Eröffnungskonzert werden Karten auf dem Schwarzmarkt gehandelt, dabei darf nur in den Saal, wer durch das Bundeskriminalamt registriert ist.

Aber: Was bedeutet dieses Upgrade, das die Elbphilharmonie den Hamburgern beschert, für Deutschland? Keine Frage, dass erstmals ein Konzertsaal in unserem Land als das Wahrzeichen einer Stadt dienen wird. Die anderen Konzerthäuser lobt und preist man vor allem wegen ihres Inneren und wegen des Klangs; das gilt insbesondere für die Berliner Philharmonie und das dort entwickelte Prinzip der hängenden Gärten im Zuhörerbereich. Auch von außen wirkt der Bau von Hans Scharoun beeindruckend. Das gilt, wenngleich mit ganz anderer historischer und architektonischer Grundierung, ebenso für die Alte Oper in Frankfurt und die Stadthalle Wuppertal.

Die anderen Konzertsäle und Philharmonien sind dagegen äußerlich eher diskret: Die Kölner Philharmonie gefällt im Saal durch ihre demokratische Stufung nach Art eines Amphitheaters, nach außen hin verschwindet sie sozusagen im Komplex des Museums Ludwig. Wenig äußeren Glanz verbreiten die Philharmonien in Essen und Dortmund, eher betulich wirkt die Stuttgarter Liederhalle. Vom Münchner Gasteig, der seit Jahren als Multifunktions-Grab mit miserabler Akustik verlacht wird, möchte man in diesem Zusammenhang nicht reden. Eine aparte Sonderstellung nimmt dagegen Düsseldorfs Tonhalle ein: Mit ihrem städtebaulich einzigartigen Profil als ehemaliges Planetarium erhebt sie sich feierlich und doch dezent über dem Rhein; und die Akustik hat seit dem Umbau vor einigen Jahren großartig an Profil gewonnen. Diese Tonhalle braucht sich nicht zu verstecken.

Und nun Hamburg. Von außen ist die Elbphilharmonie eine Wucht und hat der legendären Sydney Opera an Attraktivität schon jetzt den Rang abgelaufen. Aber sie wirkt auch wie ein Magnet mit starker Sogkraft, jeder möchte dort auftreten, zumal es gute Gründe gab und gibt, mit der Musikhalle (der jetzt so genannten Laeisz-Halle, die ja weiter betrieben wird) zu hadern. Dort gibt es Plätze, auf denen man äußerst ungünstig hört; die Situation auf dem Podium ist sehr beengt. Nun bekommt Hamburg einen zweiten Saal dazu, das ist ein Luxus, den es nur noch in Berlin (mit dem famos klingenden Konzerthaus am Gendarmenmarkt) und München (mit dem traditionsreichen Herkulessaal in der Residenz) gibt.

So sieht die neue Elbphilharmonie aus
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Foto: dpa, chc lof fdt

Ohne Frage bewirkt die Elbphilharmonie eine merkliche Verschiebung in den Koordinaten unseres Klassik-Musiklebens. Bis jetzt ist Berlin unstreitig das Zentrum, gefolgt von München - doch demnächst rückt eben auch die Elbphilharmonie in den Fokus, beispielsweise für internationale Spitzenorchester. Burkhard Glashoff, Chef der Hamburger Pro-Arte-Konzerte und der Heinersdorff-Konzerte in Düsseldorf, erzählt: "Dieser Tage war ich bei einem Meeting in London, und alle sprachen mich auf den neuen Hamburger Saal an. Und ich merke derzeit ganz deutlich, dass die Frage, ob ein Orchester auf Deutschland-Tournee geht oder nicht, durch die Elbphilharmonie eine neue und positive Dynamik bekommt."

Glashoff berichtet, dass die rheinischen Auftritte des russischen Klavier-Superstars Daniil Trifonov, der im November 2017 und März 2018 nach Düsseldorf kommt, unmittelbar davon beflügelt wurden, dass er in der Elbphilharmonie demnächst "artist in residence" ist. "Und es wird noch andere Konzerte bereits in der Saison 2017/18 und erst recht in den Spielzeiten danach geben, die von einem Synergie-Effekt auch für Düsseldorf sprechen lassen", glaubt Glashoff.

(w.g.)
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