Bonn Womit Alleinerziehende kämpfen

Bonn · Das Bonner Frauenmuseum untersucht die Lage von Müttern weltweit.

Die chinesische Künstlerin Li Xinmo hatte Glück im Unglück. Die alleinerziehende Mutter fand einen Mann, der sie zum Schein heiratete und so offiziell die Vaterschaft für ihr Baby übernahm. Andernfalls hätte das Kind für den Staatsapparat in China offiziell gar nicht existiert und noch nicht einmal zur Schule gehen dürfen. In einem großflächigen schwarz-pinkfarbenen Wandgemälde thematisiert die Chinesin diese Erfahrung jetzt im Bonner Frauenmuseum. In der Ausstellung "Single Moms" geht es um alleinerziehende Mütter in Geschichte, Kunst und Gegenwart.

Die Stellung alleinerziehender Mütter sage viel über eine Gesellschaft aus, sagt Marianne Pitzen, Leiterin des Frauenmuseums. Das wird in der breit angelegten Schau deutlich. Die Ausstellung widmet sich in einem einführenden Teil der Rolle alleinerziehender Mütter in der Geschichte von der Antike bis in die Gegenwart. Ein Blick in andere Länder zeigt die heutige weltweite Situation. Schließlich setzen sich rund 40 zeitgenössische Künstlerinnen in ihren Werken mit dem Thema auseinander.

In Deutschland sind alleinerziehende Frauen lange keine Randgruppe mehr. 1,6 Millionen Alleinerziehende gibt es bundesweit. Damit lebt fast jede fünfte Frau mit Kindern ohne deren Vater, die Zahl steigt stetig. Ein Blick in die Geschichte zeigt aber, dass sie zu keiner Zeit eine Seltenheit waren. Mütter von unehelichen Kindern wurden allerdings oft ausgegrenzt und sogar teilweise drastisch bestraft.

Ein Stich von 1782 zeigt eine damals offenbar gängige Bestrafung lediger Mütter: Sie wurden öffentlich ausgepeitscht. Oftmals ließ der Staat unverheirateten Frauen nicht einmal die Vormundschaft über ihre Kinder. Das Bürgerliche Gesetzbuch von 1900 brachte zwar insofern einen Fortschritt, als es die Kindsväter grundsätzlich zu Unterhaltszahlungen verpflichtete. In den meisten Fällen zahlten die Väter aber nicht. Denn Ansprüche hatten nur Frauen "von untadeligem Ruf". Und der war schwer nachzuweisen.

Heute sind Alleinerziehende zwar nicht mehr geächtet, und es gibt ein Unterhaltsrecht. Interviews mit acht betroffenen Müttern, die sich die Besucher anhören können, machen aber deutlich, dass die Frauen nach wie vor zu kämpfen haben. Väter, die sich Unterhaltszahlungen entziehen, schlechte Aussichten auf dem Arbeitsmarkt oder Probleme bei der Betreuung der Kinder gehören zum Alltag.

Der Blick auf andere Länder ist erhellend. So drohen in Brasilien Vätern, die keinen Unterhalt zahlen, Haftstrafen. In Schweden kommt Alleinerziehenden die gut ausgebaute Kinderbetreuung zugute. In Ländern wie Korea oder Vietnam aber gelten ledige oder geschiedene Mütter nach wie vor als Schande.

www.frauenmuseum.de

(epd)
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