Wuppertal Wuppertal hat jetzt nur noch Kammerspiele

Wuppertal · Wenn sich der Vorhang am 27. September im Wuppertaler Schauspiel hebt, ist dies gleich eine doppelte Premiere: Susanne Abbrederis startet als neue Schauspielintendantin der Wuppertaler Bühnen und eröffnet ein neues Haus, das "Theater am Engelsgarten". Dass die kleine und privat finanzierte Bühne in einer ehemaligen Lagerhalle unweit des Opernhauses mit seinen 160 Plätzen kein wirklicher Ersatz sein kann für das seit vergangenem Jahr geschlossene, marode Schauspielhaus, erwartet wohl niemand.

Die Intendantin, bisher Chefdramaturgin des Wiener Volkstheaters, bringt sämtliche Premieren in dieser Spielzeit - selbst das Weihnachtsmärchen - im "Theater am Engelsgarten" heraus, weil sie das neue Haus gebührend beim Publikum einführen will. Sie schließt allerdings nicht aus, dass sie künftig einige Schauspielpremieren im Opernhaus anbieten will - was den Zahlen sicher zugute käme.

Denn daran haperte es zuletzt. Schauspielintendant Christian von Treskow bot zwar anspruchsvolle Kost, die ein jüngeres Publikum anziehen sollte, doch die Auslastung war nicht so, wie die Stadtspitze es erwartet hatte. Abbrederis muss nun dafür sorgen, dass die Zahlen wieder stimmen - mit nur 160 Plätzen eine nicht leichte Aufgabe.

Bei der anstehenden Eröffnung stellt sich das Ensemble vor. Es besteht immerhin noch aus neun Schauspielern und Schauspielerinnen. Jos van Kan inszeniert den Liederzyklus "Die schöne Müllerin" als ein "Theaterabenteuer, in dem wir uns verabschieden vom romantischen Ideal der Liebe", wie es im Spielzeitheft heißt.

Ob ein Liederzyklus eine angemessene Spielzeiteröffnung eines neuen Schauspiels sein kann, wird sich zeigen. Ansonsten setzt das Programm mit "Minna von Barnhelm", "Supergute Tage" nach dem Bestseller von Mark Haddon und Else Lasker-Schülers "Die Wupper" als theatraler Audiowalk eher auf massentaugliche Kost als auf künstlerische Experimente.

Immerhin hat das Schauspiel noch ein eigenes Ensemble. Die Wuppertaler Oper sorgte unter ihrem neuen Intendanten Toshiyuki Kamioka, gleichzeitig auch GMD der Wuppertaler Sinfoniker, für einigen Wirbel. Denn Kamioka verzichtet ab dieser Spielzeit auf ein Ensemble, bestreitet seine sechs Premieren mit Gästen und lässt - wie auch die "Tosca", die bereits Anfang September Premiere hatte - ensuite spielen. Viele Kritiker befürchten nun, dass andere Bühnen dem Wuppertaler Beispiel folgen werden, um Geld zu sparen. Mittlerweile hat Kamioka jedoch beteuert, er könne sich in Zukunft durchaus vorstellen, wieder ein Ensemble aufzubauen.

Derweil versinkt das denkmalgeschützte Schauspielhaus in einem Dornröschenschlaf. Ob es dank Landes- und Bundesmitteln als Internationales Tanzzentrum wiedererweckt werden kann, soll sich laut Kulturdezernent Matthias Nocke noch in diesem Jahr klären. Immerhin steht dies im Programm der Bundesregierung. Es soll ein Ort werden für Aufführungen des Tanztheaters Pina Bausch, aber auch eine Werkstatt für junge Künstler verschiedener Sparten, ein Raum für Begegnungen.

Der Bund allein kann das Projekt nicht stemmen (40 Millionen Euro kostet allein der Umbau), das Land ist auch für eine langfristige Finanzierung gefragt.

Info Premiere von "Die schönen Müllerin": Sonntag, 28. September, 18 Uhr, Theater am Engelsgarten. Ein Abend für neun SchauspielerInnen; am Flügel: Christoph Schnackertz; Kartentelefon: 0202-563 7666

(RP)
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