Selbsterfahrung Nichtraucher 21 Tage ohne Zigaretten - die erste Bilanz

Düsseldorf · An Silvester mit dem Rauchen aufzuhören ist einer der häufigsten Vorsätze. Doch das endet meistens ohne Erfolg. Deshalb hat unser Kollege Marcel Romahn seine "Mission Nichtrauchen" drei Wochen früher begonnen. Hier erzählt er, wie es ihm dabei ergeht.

Die größten Ekel-Fakten über das Rauchen
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Foto: dpa, Martin Gerten

Zugegeben: Die Idee, noch vor Silvester mit dem Rauchen aufzuhören, kam nicht von mir, sondern von einer Freundin. Schon öfters meinte sie: "Hör doch einfach sofort mit dem Rauchen auf. Warum bis Silvester warten?" Wohl wissend, dass sie damit absolut Recht hatte, erwiderte ich meistens: "Nö, der Jahreswechsel ist ein guter Zeitpunkt." Doch meine wahre Absicht lag auf der Hand: Reine Verzögerungstaktik. Ich wollte einfach noch länger Raucher sein. Als mir jedoch beim Joggen plötzlich die Luft knapp wurde – zum allerersten Mal in all den Jahren als Nikotinsüchtling – kam ich ins Grübeln, und schließlich zur Besinnung: Die Kippe muss weg. Sofort!

Mein Therapeut – das Smartphone

Am 27. November war es soweit. In der Schachtel war noch eine Zigarette – die letzte. Es war 12.25 Uhr, ein Donnerstag. Woher ich das so genau weiß? Von der Rauchfrei-App, die ich sofort nach meinem letzten Zug auf dem Smartphone installiert habe, um den Trennungsschmerz zu überwinden. Nichraucher-Bücher oder Seminare brauche ich nicht, lieber eine Stütze, die ich bei Bedarf bequem aus der Hosentasche ziehen kann. Mal was neues ausprobieren, dachte ich. Mit den üblichen Hilfsmitteln sind ja schon viele gescheitert.

Die App ist seitdem mein täglicher Begleiter, mein Therapeut und vor allem Motivator. Und sie wollte gleich zu Beginn sehr viel von mir wissen: wie viele Zigaretten ich pro Tag rauche, wie teuer meine Packungen sind, sogar wie groß der Anteil der Schadstoffe ist. Was dann dabei herauskam, war eine komplett auf mich zugeschnittene Killer-Statistik. "Beeindruckend", dachte ich mir. Aber schon unheimlich, dass ich 5475 Zigaretten pro Jahr geraucht habe. Kosten: 1468 Euro.

Statt gruseliger Zahlen zeigt mir mein digitaler Coach jetzt seit rund drei Wochen eine immer länger werdende Erfolgsbilanz. Ein Klick auf das Schild mit der durchgestrichenen Zigarette genügt und schon kann ich sehen, was für ein toller Nichtraucher ich bin. Täglich erhöht sich in der Anzeige die Zahl der nicht gerauchten Zigaretten und die Summe des gesparten Geldes. Der Blick aufs Handy bringt mich zum Staunen: 315 Zigaretten im Wert von 84,48 Euro in 21 Tagen nicht geraucht. Wow, aber wo ist das Geld geblieben?

Die App soll dem angehenden Nichtraucher helfen, durchzuhalten und stark zu bleiben. Und ich staune immer wieder, wie gut das funktioniert, auch wenn man sich schon wundern muss, wie einfach man doch gestrickt ist. So reichen doch tatsächlich die kleinen Pokale, die morgens über mein Display flimmern, um mich zu motivieren. Denn jede dieser virtuellen Auszeichnungen meldet mir einen Erfolg, etwa "der Blutdruck sinkt auf normales Niveau", "die Atmung verbessert sich" oder "das Herzinfakt-Risiko sinkt". Übrigens: eine Anzeige für dazugewonnene Lebenstage gibt es auch. Die steht allerdings immer noch auf null. Mache ich was falsch?

Die Sache mit den "Ersatzdrogen"

Egal ob in der Familie, im Freundeskreis oder im Büro – sobald die Bombe "Ich rauche nicht mehr" geplatzt ist, werden alle Menschen in der Umgebung zu Unterstützern, ja sogar zu Helfern in der Not. So war es eine liebe Kollegin, die mir direkt am ersten Tag eine Packung fertig geschälter Karotten auf den Schreibtisch legte. "Als Ersatzdroge", sagte sie. Das funktionierte zunächst ganz gut, auch wenn eine ganze Packung Mini-Karotten alle 30 Minuten sicherlich keine Dauerlösung sein konnte.

In den folgenden Tagen wurde also fleißig experimentiert, jedoch ohne großen Erfolg. Studentenfutter, Äpfel, Bananen und alle möglichen Variationen von Süßkram brachten nicht annähernd die Befriedigung, die mir zuvor der qualmende Glimmstängel verschafft hatte. Ich musste ziemlich schnell feststellen, dass es kein Heilmittel gegen das "Schmachten" gibt. Die Erkenntnis: Nichtrauchen heißt verzichten und nicht ersetzen. "Schluss damit", sagte ich mir. Außerdem wunderte sich das Kantinen-Personal langsam, dass ich täglich bis zu fünfmal vorbeischaute, nur um einen Schokoriegel zu kaufen. Immerhin wäre das eine Antwort auf die Frage, wo das ganze Geld geblieben ist.

Der Raucher ist ein Gewohnheitstier

Immer wenn man mich gefragt hat, warum ich Raucher bin, fiel mir keine vernünftige Antwort ein. Ich habe nie geraucht, weil mir die Kombination aus Nikotin und Teer so gut geschmeckt hat. Im Gegenteil, selbst als Raucher war es für mich nie eine berauschende Erfahrung, am Tag nach der Party meine nach Aschenbecher stinkenden Klamotten in die Waschmaschine zu stopfen. Geschmack und Geruch waren es also nicht. Was war es dann? Die ersten Wochen als Nichtraucher ließen mich leidvoll erkennen: die Gewohnheit.

Nehmen wir zum Beispiel die Bahnhaltestelle. Früher war hier die Zigarette ein treuer Begleiter, egal wie kurz die Wartezeit war. Mit der Kippe, so glaubte ich zwischenzeitlich, konnte man sogar den Bahnverkehr beeinflussen. Immer wenn man sich gerade eine Zigarette angezündet hatte, kam prompt der Zug. Und jetzt: nichts in der linken Hand zwischen Zeige- und Mittelfinger, keine Beschäftigung, einfach nur warten – die Hölle.

Noch schlimmer ist es beim Fußball gucken im Pub. Auf mein geliebtes Ritual, in der Halbzeitpause draußen eine rauchen zu gehen und mit meinen Kumpels das Spiel zu diskutieren, muss ich nun verzichten. Stattdessen stehe ich nun sinnlos in der Kälte vor der Kneipe zwischen 100 Rauchern, nur mit meinem Bier in der Hand. Ich gebe mich kämpferisch, sage "raucht ruhig, das macht mir nichts aus", und leide innerlich wie ein Hund.

Jetzt sind drei Wochen vergangen. Alle sagen, ich sei aus dem Gröbsten raus. Die ersten Tage seien die schlimmsten. Ich frage mich: Wie viele erste Tage denn? In meinem Fall waren es nämlich 21. Und überstanden habe ich es noch lange nicht. Aber ich habe ja meinen Handy-Therapeuten in der Tasche, eine Reihe von gesunden und ungesunden Ersatzdrogen in der Schreibtischschublade und viele liebe Menschen zur Unterstützung. Also stark bleiben!

(mro)
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