"The Sun" enthüllt Auszüge aus UntersuchungsberichtKelly-Affäre: Blair im Glück
London (rpo). Tony Blair ist zufrieden: Der Hutton-Bericht zu den Verstrickungen Blairs in den Kelly-Tod hat die britische Regierung von den Vorwürfen entlastet. Schwere Vorwürfe erhob der Lordrichter gegen die BBC. Unterdessen zeigte sich Blair sauer darüber, dass das Massenblatt "Sun" den Untersuchungsbericht bereits vorab veröffentlicht hatte.Zudem erklärte Lordrichter Hutton einen BBC-Bericht, wonach die Regierung Geheimdienstinformationen über Irak vor dem Krieg aufbauschte, für unhaltbar. BBC-Chef Greg Dyke räumte am Nachmittag Fehler ein und entschuldigte sich. "Gewisse Schlüsselbehauptungen" in dem umstrittenen Bericht seien falsch, sagte Dyke. Wenig später gab der Sender den Rücktritt seines Verwaltungsrats-Vorsitzenden Gavyn Davies bekannt. Blair hatte die BBC zuvor heftig kritisiert. In einer Rede vor dem Parlament sagte der Premierminister: "Die Behauptung, dass ich oder sonst irgendjemand dieses Haus belogen hätte oder das Land durch eine Verfälschung von Informationen über Massenvernichtungswaffen irregeführt hätte, ist die eigentliche Lüge." BBC-Chef Dyke sagte in seiner Stellungnahme, sein Sender habe Blair niemals der Lüge bezichtigt. Der BBC-Reporter Andrew Gilligan hatte im Juni nach einem Gespräch mit Kelly unter Berufung auf einen hochrangigen Beamten berichtet, die Regierung habe Informationen über irakische Massenvernichtungswaffen bewusst aufgebauscht, um den Irak-Krieg zu rechtfertigen. Diese Behauptung sei völlig gegenstandslos gewesen, urteilte Hutton in seinem Untersuchungsbericht. Kelly nahm sich wenige Tage, nachdem sein Name als Quelle des Rundfunkberichts genannt worden war, das Leben. Kellys Name war vom Verteidigungsministerium an die Öffentlichkeit gebracht worden. Der Regierung wurde deshalb vorgeworfen, ihren langjährigen Mitarbeiter enormem Druck ausgesetzt und ihn dadurch in den Selbstmord getrieben zu haben. Kellys Reaktion nicht vorhersehbarHutton erklärte dazu, er sei überzeugt, dass keine der in seinem Bericht genannten Personen eine solche Reaktion jemals hätte in Erwägung ziehen können. Kelly habe zwar unter erheblichem Druck gestanden, aber die Konsequenz, die er daraus gezogen habe, sei für niemanden absehbar gewesen. Das Verteidigungsministerium hätte ihm allerdings mehr moralische Unterstützung zukommen lassen sollen. Der Lordrichter kritisierte die Art und Weise, wie die BBC mit den Informationen über angebliche Verfälschungen im Irak-Dossier der Regierung umgegangen sei. Sie habe es versäumt, vor und auch nach der umstrittenen Rundfunksendung die Fakten zu überprüfen. Auch die in dem Bericht erhobenen Vorwürfe gegen den im Sommer zurückgetretenen Kommunikationschef der Regierung, Alastair Campbell, wies Hutton zurück. Kellys Gespräch mit BBC-Reporter Gilligan war nach Ansicht des Lordrichters unangemessen: Als Regierungsberater hätte er seine Vorgesetzten über das Treffen informieren müssen, urteilte Hutton.Untersuchung zur Quelle der "Sun" gefordertZu einer gezielten Indiskretion kam es auch im Zusammenhang mit dem Hutton-Bericht selbst: Teile des Untersuchungsberichts wurden bereits vorab in der Zeitung "The Sun" veröffentlicht. Mehrere Parlamentarier forderten eine Untersuchung, wer die Quelle gewesen sein könnte.