100 Jahre Mythos Maserati

Die Ursprünge der italienischen Sportwagenmarke mit dem Dreizack liegen in Bologna - heute wird in Modena produziert.

Eine vergleichsweise schlichte Halle beheimatet das, was die Herzen von Autofans auf der ganzen Welt höher schlagen lässt. Die größte und exklusivste Sammlung von Rennwagen der italienischen Edelmarke Maserati. Von Wagen aus den 50er Jahren über schnittige Sportcoupés der 60er bis hin zu kühnen Karossen der 70er können Sportwagenliebhaber auf dem Landgut "Hombre" alles besichtigen - kostenlos, 15 Minuten außerhalb von Modena. Andächtig schreiten Besucher die gut 30 blank polierten und chromglänzenden Sportwagen ab, fachsimpeln vor dem zigarrenförmigen Rennwagen des Stirling Moss - mit dem Schriftzug der Eismarke "El Dorado" drauf, der ersten Werbung, die nicht aus der PS-Branche stammte. Sie fotografieren den 5000 GT, eine Sonderanfertigung für den Schah von Persien, und bestaunen den roten A6 GCS Berlinetta, Baujahr 1953 - einen von weltweit überhaupt nur vier gebauten Wagen dieser Art. Viele Modelle stammen aus einer Zeit, als Maserati zusammen mit Ferrari die Formel I dominierte. In diesem Jahr feiert Maserati sein 100-jähriges Firmenbestehen - und der Mythos lebt.

Doch wie kommen solche Raritäten auf vier Rädern auf das Landgut? Matteo Panini, der Besitzer, hat die Antwort: "Fiat wollte beim Kauf von Maserati dessen Oldie-Sammlung als kostenlose Zugabe. 'No', empörte sich Maserati-Manager Alessandro De Tomaso und begann, die historischen Modelle in Großbritannien anzubieten. In Italien befürchtete man - bis hinauf zum Kulturminister - den Verlust heimischer Automobil-Ikonen, suchte einen vermögenden Käufer und fand meinen Vater." Umberto Panini, gemeinsam mit seinen drei Brüdern durch den weltweiten Verkauf von Panini-Sammelbildern zum Multimillionär geworden, wollte erst nicht, schlief eine Nacht drüber und sagte dann doch "si". "Wegen des fast schon perfekten Verkaufs an die Briten mussten wir schnell handeln", erinnert sich Umbertos Sohn Matteo, "die ersten 23 Wagen haben wir ungesehen gekauft, per handgekritzeltem Vertrag auf einem zerknitterten Stück Papier."

Im Maserati-Werk, seit 1940 mitten in Modena, ist die Gegenwart zu besichtigen: Karosserien, designet als blecherne Raubtiere auf dem Sprung, mit Frontspoilern wie gefräßige Schnauzen, flankiert von funkelnden Scheinwerfer-Schlitzaugen in der Motorhaube. Jeder Kühlergrill mit Dreizack, so wie er am Neptunbrunnen in Bologna aufragt. Hier wurde Maserati 1914 gegründet, von fünf Brüdern - zunächst als Schrauber-Garage für Rennwagen, dann als Hersteller. Ghibli und GranTurismo Sport heißen die heutigen Modelle, sind bis zu 300 km/h schnell und sprinten von null auf 100 in 4,8 Sekunden. Kaum zu erreichen in Modenas engen, von farbenfrohen Fassaden gesäumten Altstadtgassen. Daher buchen Fans die "Maserati-Master-Fahrschule": Für mehr als 2000 Euro einen Tag lang unter Anleitung von Ex-Rennfahrern auf einem Mini-Parcours hemmungslos Gas geben.

Auf die ganz große Bühne schafft es der Luxus-Karossen-Hersteller regelmäßig, wenn Italien Staatsbesuch hat. Die ausländischen Gäste werden seit 1979 im Quattroporte vorgefahren, dem einzigen viertürigen Maserati-Modell. Mit Abscheu und Empörung hatte Enzo Ferrari den Prototyp seiner Konstrukteure für ein solches Auto abgelehnt und verboten, dass jemals ein Viertürer in seinem Werk gebaut werde. Entsprechend verschnupft reagierte der Patriarch, als Italiens Staatspräsident Sandro Pertini das Ferrari-Werk in Maranello besuchte und im Maserati Quattroporte vorfuhr. Enzo Ferrari, der Maserati stets abschätzig "Quelli la in fondo - die da hinten" nannte, wollte Pertini nicht empfangen, musste von seinen Mitarbeitern dazu gedrängt werden.

Heute gehört Maserati zur absoluten Oberklasse, was luxuriöse Sportwagen angeht. Das zeigt nicht zuletzt die große Anzahl an Prominenten weltweit, die mit einem der schicken italienischen Modelle unterwegs ist. Vor allem bei Fußballern sind die Karossen aus Bologna beliebt. Max Kruse von Borussia Mönchengladbach zum Beispiel hat sich seinen GranTurismo in Tarnfarben lackieren lassen. Viele Fußballer fahren dieses Modell als Statussymbol, darunter auch Italiens Stürmer Mario Balotelli. Während seiner Zeit bei Manchester City parkte er seinen Schlitten innerhalb eines Jahres 27-mal falsch und musste dafür 11 000 Euro an Knöllchen zahlen. Der Marke Maserati verhelfen die extravaganten Auftritte Balotellis jedenfalls zu einer noch größeren Bekanntheit.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort