Der Superdupersportwagen

Es regnet. Blöd, wenn vor der Tür ein Cabrio steht. Besonders, wenn es sich um einen McLaren 570S Spider handelt, der nur darauf wartet, getreten zu werden.

Sie sind ein Mann? Mögen es, im Mittelpunkt zu stehen? Finden es gut, von wildfremden Menschen angesprochen und fotografiert zu werden? Haben ein Faible für britische Supersportwagen und einen sechsstelligen Betrag locker? Wenn Sie die meisten Fragen mit Ja beantworten konnten, dann: Glückwunsch! Sie gehören zum potenziellen Käuferkreis der McLaren Sports Series. Nach Coupé (ab 181.750 Euro) und GT (ab 195.350 Euro) gibt es den Boliden seit Sommer endlich auch als Spider (ab 208.975 Euro). Weltpremiere feierte der offene 570S auf dem Goodwood Festival of Speed in Südengland. Im Sommer. Natürlich. In 15 Sekunden lässt sich das Hardtop versenken und macht aus einem Supersportwagen einen Superdupersportwagen.

Blöd nur, wenn es schon seit Tagen regnet. Eigentlich müsste es für solche Fälle eine Schön-Wetter-Versicherung geben. Für jeden Tag, den man gezwungen ist, das Auto mit geschlossenem Dach zu fahren, sollte es Geld zurück geben. Andererseits, wenn das Auto weniger gefahren wird, kostet es nicht so viel. 384 Euro fallen im Jahr für den Spider allein an Kfz-Steuer an. Mit einem Saisonkennzeichen von sagen wir O bis O, also von Ostern bis Oktober, lassen sich laut Bundesfinanzministerium 159 Euro sparen. Bei einem 72-Liter-Tank, einem Verbrauch von 10,7 Litern auf 100 Kilometern (Herstellerangabe) und einem Super-Plus-Preis von 1,40 Euro pro Liter entspräche das etwa anderthalb Tankfüllungen - immerhin. Allerdings: Wer sich so ein Auto leisten kann, pfeift auf die paar Euro.

Nutzen wir also die Zwangspause, um den Spider aus der Nähe zu betrachten. Von vorne erinnert er an einen Pfeil, von hinten an das Batmobil. Fun Fact am Rande: Der Pressesprecher von McLaren heißt Wayne Bruce. Augenfällig sind das ausladende Heck, die dicken Backen, der umgedrehte Moustache-Oberlippenbart als Rückleuchten. Farblich weist der Test-Spider große Ähnlichkeit mit einer Wespe auf. McLaren nennt den Ton "Silican Yellow" - sizilianisches Gelb. Er schreit: "Vorsicht, sonst steche ich!" Der Heckspoiler musste beim Spider um zwölf Millimeter gegenüber dem Coupé vergrößert werden. Wahrscheinlich würde das Auto sonst davonfliegen. Besonders stolz ist McLaren-Chef Mike Flewitt darauf, dass man keine Kompromisse eingehen musste. Handgefertigt im englischen Woking, vereine das Cabrio die außergewöhnliche Dynamik des Coupé mit dem Gefühl des offenen Fahrens. Sprich: Der Spider kommt ohne Änderungen am karbonfasernen Chassis aus und ist genauso fest und verwindungssteif wie mit Dach. Der knappe Zentner, den er gegenüber dem Coupé mehr auf die Waage bringt, ist allein der zweiteiligen Dachkonstruktion geschuldet. An der Performance ändert sich herzlich wenig. Wie das Coupé beschleunigt der Spider von Null auf 100 km/h in 3,2 Sekunden und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 328 km/h. Oben ohne sind noch 315 km/h drin. Das ist zu verschmerzen.

Dann geschieht doch noch ein kleines Wunder: Der Regen hört auf. Als sich die Scherentüren öffnen, ergießt sich ein Schwall Wasser auf den Boden. Als der erste Sonnenstrahl durch die Wolkendecke fällt, ist das Dach bereits versenkt (möglich bei bis zu 40 km/h), und das aggressive Motorengebrüll des 3,8-Liter-V8-Doppelturbomotors im Heck erwacht. Wer sich jetzt nicht umdreht, muss taub sein - oder Lamborghini-Fan. Draußen herrschen Temperaturen um die acht Grad, und trotzdem fühlt sich gerade alles richtig an - selbst wenn die Heizung bis zum Anschlag aufgedreht werden muss. Ein Tritt aufs Gas, und der Spider legt los. So lässt sich der Winter ertragen. Dieser Wagen wurde uns von McLaren zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.

(webe)
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