Probefahrt im Mercedes S 500 L Der ICE der Autobahn

Köln · So richtig schlecht war eine Mercedes S-Klasse ja noch nie, trug sie doch meist den inoffiziellen Titel des besten Autos der Welt. Wobei die Kriterien, wieso ein Fahrzeug das Beste von allen sein sollte, nie amtlich festgelegt wurden. Wir wollten im Alltagstest herausfinden, was Deutschlands vielleicht amtlichste Reiselimousine auszeichnet.

Der Mercedes S 500 - das Flaggschiff vom Flaggschiff
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Der Mercedes S 500 - das Flaggschiff vom Flaggschiff

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Eine Mercedes S-Klasse mit langem Radstand, das war und ist, vor allem mit potentem Achtzylinder unter der Haube, das Dienstfahrzeug von Deutschlands Wirtschaftskapitänen. In den üppigen Polstern auf der Rückbank fanden und finden gewichtige Persönlichkeiten ihren angemessenen Platz, vorn agiert gerne ein angestellter Fahrer.

Angesichts von immer drahtigeren und durchtrainierten Managern als Lenker heimischer Konzerne und der mit sparsamen Dienstwagen zur Schau getragenen Bescheidenheit heimischer Spitzenpolitiker fallen die Vorzüge des Platzes hinten rechts bei der Wahl eines neuen Fahrzeugs der Oberklasse vielleicht weniger ins Gewicht als früher.

Das ändert aber nichts daran, dass man eben dort besonders gut sitzt, wie die junge Dame mittleren Alters bestätigen kann, die zu chauffieren wir uns den Mercedes S 500 in seiner aktuell noch längsten Version als S 500 L für einen Alltagstest haben überreichen lassen.

Unsere Wirtschaftslenkervertreterin, nennen wir sie Miss Elli, findet reichlich Platz auf dem mit extraweichem Ledern gepolsterten Sessel. Zum Arbeiten lässt sich die Lehne sehr steil einstellen, zum Ruhen, oder um Telefonate zu führen, fährt die Rückenlehne in eine 43 Grad-Neigung. Nutzt Miss Elli noch den Chauffeurslimousinen vorbehaltenen Schalter, mit dem sich der Beifahrersitz nach vorne bewegen lässt, entsteht ein Raum, den unsere Quotenfrau auch zu einem ausgedehnten Schläfchen auf der Fahrt zum Airport nutzen kann.

Das ist die neue Mercedes S-Klasse
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Das ist die neue Mercedes S-Klasse

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Das von Zulieferer Johnson Controls erdachte Gestühl lässt sich sehr feinfühlig mit der bei Mercedes gewohnten Verstellmimik handhaben, auf das für jeden Rücken in Breite und Höhe die passende Unterstützung gewährt werde. Nämliches gilt selbstredend auch vorne, gerne mit Hilfe von einer ausgeklügelten Massagefunktion. Dort unterstützen die Sitze auf Wunsch auch den Seitenhalt aktiv, auf das der Chauffeur etwas beherzter in Kurven ein und wieder herausfahren kann.

Das geht Dank des formidablen Fahrwerks fast so leicht, als säße man hinter dem Steuer einer sportlichen Limousine mittlerer Baugröße. Mercedes offeriert mit der Luftfederung zwei Einstellmöglichkeiten. Während "comfort" mit betont leichtgängiger Lenkung und weicher Federung für die lange Reise und den leidigen Stadtverkehr ausgelegt ist, agiert die immerhin 5,25 Meter lange S-Klasse im "sport"-Modus nachgerade agil und straff ohne jedoch ihren Limousinencharakter zu verleugnen. Selbst schlechte Landstraßen bleiben so gut erträglich. Das haben wir bei Wettbewerbern schon anders erlebt.

Gibt man dann dem 4,6-Liter-Benziner die Sporen, zeigt sich Miss Elli hinten rechts beeindruckt weil man in 4,8 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h eilte, mahnt dann aber zur Contenance, weil Frau so im Fond nicht lesen kann. Das klappt hingegen selbst bei Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn problemlos. Die lange Strecke ist das natürliche Revier der S-Klasse. Dort gibt sie den ICE und ist tatsächlich leiser als der Zug im 1.-Klasse-Abteil.

Dem Fahrer bietet die S-Klasse eine Vielzahl an Informationen, die auf gleich zwei übergroßen Displays dargeboten werden. Im klassischen Tacho-Drehzahlmesser-Revier spielt sich alles ab, was man zum eigentlichen Fahren braucht. Auch die Navigation lässt sich dort in der von Mercedes gewohnten Lenkradknopflogik darstellen. Beeindruckender ist allerdings das Kartenbild auf dem riesigen Display über der aufgeräumten Mittelkonsole.

Es bietet eine Klarheit, wie man sie sonst von HD-Fernsehern und Apples iPads kennt. Dass Selbstverständlichkeiten wie die Bluetooth-Anbindung problemlos und schnell funktionieren, die Sprachsteuerung ein bisher selten erlebtes Niveau erreicht hat, ist kaum der Erwähnung wert. Auch die Tatsache, dass alle Hölzer, Leder und Kunststoffe bestens verarbeitet sind, ist Angesicht eines Basispreises von 108.994 Euro und schwäbisch exakten fünfzig Cent als normal anzusehen.

Zu mäkeln gibt es also wenig. Einzig das ansonsten bewährte Siebengang-Getriebe erlaubt es sich gelegentlich, einen Gang so zu wechseln, dass man es tatsächlich bemerkt. Über diese Kleinigkeit sehen wir freundlich hinweg. Auch die Tatsache, dass man natürlich auch mit einem relativ großvolumigen Achtzylinder, der immerhin 335 kW/455 PS mobilisiert den Normverbrauch um Alltag nie erreicht. Der Prospekt verspricht 8,6 Liter, im Schnitt erzielten wir 10,2 Liter. Nach oben rechnete der Bordcomputer bei eiligen Touren mit 13,6, besonders sparsam bewegt waren es 9,4 Liter. Das sind sehr gute Werte für eine Limousine, die immerhin 2,1 Tonnen auf die Waage bringt und Miss Elli und ihren Chauffeur mit jede Menge Komfort verwöhnte. Da lässt sich auch das D in der amtlichen Effizienztabelle gut verschmerzen.

Technische Daten: Mercedes S 500 L

Viertürige, fünfsitzige Limousine der Oberklasse, Hinterradantrieb, Siebengangautomatik, Länge: 5,25 Meter, Breite: 2,13 Meter, Höhe: 1,50 Meter, Radstand: 3,17 Meter, Kofferraumvolumen: 530 Liter 4,6-Liter-V8-Benziner mit 335 kW/455 PS, max. Drehmoment 700 Nm bei 1.800 bis 3.500 U/min, 0-100 km/h: 4,8 s, Vmax: 250 km/h, Verbrauch 8,6 Liter, CO2-Ausstoß 199 g/km, Effizienzklasse D Preis ab 108.994,50 Euro

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