Test: Honda Civic 1.6i-DTEC Einmal nur den Motor, bitte

Köln · Der Honda Civic ist alles andere als ein schlechtes Auto. Fast noch besser wäre er jedoch, könnte man auf das ganze futuristisch geschnittene Blech verzichten – und nur den nackten Dieselmotor auf vier Rädern kaufen.

Der Honda Civic 1.6i-DTEC im Test
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Der Honda Civic ist alles andere als ein schlechtes Auto. Fast noch besser wäre er jedoch, könnte man auf das ganze futuristisch geschnittene Blech verzichten — und nur den nackten Dieselmotor auf vier Rädern kaufen.

Der Honda Civic will polarisieren und tut das gekonnt. Mit seinem futuristischen, coupéartigen Blechkleid sticht der Japaner sofort aus der Masse der kompakten Fünftürer auf deutschen Straßen heraus. Das kann man in diesem speziellen Fall mögen, oder eben nicht. Anhängern letztgenannter Position entgeht dann aber leider einer der wohl aktuell besten kleinen Vierzylinderdiesel auf dem Markt.

Japaner haben es üblicherweise nicht so mit Selbstzünder-Motoren — allein schon, weil diese in der Heimat und auf dem wichtigen US-Markt nahezu keine Rolle spielen. Da es in Europa aber oberhalb der Kleinwagenklasse ohne Ölbrenner nicht geht, wird üblicherweise relativ halbherzig ein passendes Angebot zusammengekauft oder -gezimmert. Honda ist da spätestens seit der Einführung des einige Zeit auch im Civic eingesetzten 2,2-Liter-Diesels eine Ausnahme. Weil das mindestens 110 kW/150 PS starke Triebwerk aber für die Kompaktklasse etwas zu kräftig und wohl auch steuerlich zu teuer war, haben es die Japaner Mitte 2013 durch ein kleineres Exemplar mit 1,6 Litern Hubraum und zivileren 88 kW/120 PS ersetzt.

Und direkt einen Treffer gelandet, wie wohl selbst Anhänger der legendär drehfreudigen Honda-Benziner vergangener Jahrzehnte konstatieren würden. Diese könnten sich vor allem am kultivierten Lauf des Vierzylinders erfreuen — Diesel-Nagel und störende Vibrationen gibt es selbst beim Kaltstart kaum. Und auch das bauart-typische zögerliche Hochdrehen hat der Motor erfolgreich überwunden. Generell ist der Diesel-Civic ordentlich auf Zack: Gasbefehle werden spontan umgesetzt, Tempo 100 ist in knapp zehn Sekunden erreicht und wer seine rechte Hand lieber am Lenker lässt als im manuellen Sechsganggetriebe herumzurühren, kann sich bei Zwischenspurts auf die hohe Elastizität über ein breites Drehzahlband verlassen. Der 1,6-Liter-Motor kann aber auch in der diesel-typischen Kategorie Verbrauch punkten. Die 3,6 Liter aus dem Modellprospekt sind zwar allenfalls mit extremer Disziplin und sklavischem Gehorsam gegenüber der strengen Schaltpunktanzeige zu erreichen, knapp fünf Praxis-Liter auf 100 Kilometern können sich aber durchaus sehen lassen. Der flinke Diesel passt damit ausgezeichnet zum flotten Fahrwerk des Civic, das mit seiner eher straff ausgelegten Dämpfung vor allem auf der Landstraße Laune macht.

So gerüstet müsste es dem Civic eigentlich leicht fallen, in die vorderen Ränge der Pkw-Bestsellerliste zu stürmen. Doch dabei steht er sich dann wohl doch selbst im Weg. Zu wenig massenkompatibel scheint die spacige Hülle mit ihren zahlreichen Sichtbehinderungen nach allen Seiten und vor allem das zerklüftete, zumindest auf den ersten Blick kompliziert wirkende Cockpit. Das Instrumentarium etwa ist seltsam verteilt: Der Fahrer blickt durch das Lenkrad auf einen großen analogen Drehzahlmesser, während der digitale Tacho nur Ziffern darstellt und in einer niedrigen Hutze über dem eigentlichen Armaturenbrett untergebracht ist. Daneben findet sich ein weiterer kleiner Bildschirm, der die Infos des Bordcomputers darstellt. Wer Navi und Klimaautomatik ordern erhält sogar noch zwei weitere Anzeigen dazu. Komplett unübersichtlich wird es dann durch die zahlreichen Knöpfchen und Schalter auf Lenkradtopf, -kranz, Türverkleidung und Mittelkonsole. Zugegeben: Nach einiger Zeit hat man sich daran gewöhnt — doch die Anstrengung ließe sich durch einen etwas konventionelleren Zuschnitt wohl leicht vermeiden. Eine unnötige Hürde also, die nehmen muss, wer den formidablen Diesel fahren will.

Dabei ist der Civic ansonsten ein durchdachtes Auto mit einigen netten Finessen. Etwa den aufstellbaren Sitzflächen der Fondbank (der dort bei anderen Autos befindliche Tank sitzt beim Civic unter den Vordersitzen, die zusätzlichen Stauraum für Fahrräder oder große Topfpflanzen schaffen. Auch der Kofferraum mit 477 Litern Stauraum in Grundkonfiguration kann sich durchaus sehen lassen. Preislich ist der Civic nur auf den ersten Blick günstig. Zwar startet die Liste für die Dieselversion in der Basisvariante "S" bereits bei 20.450 Euro, dann aber fehlen zahlreiche wichtige Extras wie Klimaanlage und CD-Radio. Ordentlich bestückt ist der Japaner erst in der Linie "Comfort" für 22.800 Euro. Wer noch das überzeugende Programm an Fahrer-Assistenten (Notbrems-Assistent, Totwinkel-Warner, Spurhaltehelfer und Co.) an Bord haben will, legt weitere 1.000 bis 2.000 Euro drauf.

Am Ende muss einem der Civic mit seinem speziellen Charme aber innen wie außen optisch einfach gefallen. Ein Problem, dass etwa der VW Golf nicht hat. Dort kann einem das von vielen als langweilig empfundene Design auch einfach mal komplett egal sein — so glatt und gefällig gibt es sich. Derartige Indifferenz ist beim Honda aber kaum möglich. Und nur den nackten Motor allein kann man eben nicht kaufen. Allerdings gibt es das Triebwerk auch im Kompakt-SUV CR-V — und das ist deutlich weniger spitz konzipiert als die der Civic.

(SP-X)
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