Fahrbericht Lancia-Cabrio mit viel Eleganz

Düsseldorf · Der italoamerikanische Flavia macht bella figura. Aber wehe dem, der schnell vorwärts will - dann wird es laut.

 Nach oben offen und innerlich unbeschwert: Cabriofahren mit einem Automobil für die italienischen, die sommerlichen Momente im Leben. Nur für die Motorisierung gilt: mehr Schein als Sein.

Nach oben offen und innerlich unbeschwert: Cabriofahren mit einem Automobil für die italienischen, die sommerlichen Momente im Leben. Nur für die Motorisierung gilt: mehr Schein als Sein.

Foto: Lancia

November in Deutschland. Der Himmel ist vorwiegend grau, draußen überwiegend spätherbstliche Verhältnisse. Mit Regengüssen muss gerechnet werden. Was, zum Teufel, soll man da mit einem Cabrio anstellen? Wer holt im Sommer die Skier aus dem Keller?

Aber man wird ja träumen dürfen. Also gehen wir in Gedanken mit dem Cabrio auf Reisen, am besten auf eine italienische Reise. Zugegeben, der Italoamerikaner (es steckt auch ein Chrysler 200 in ihm) namens Lancia Flavia macht etwas her, wirkt schick: weiße Außenhaut, keilförmige Linie, schwarzes Stoffverdeck. Und innen drin erst: cremeweiße Ledersitze, ein ästhetisch gelungenes Cockpit, nicht mit Schalterschnickschnack überladen, ringsum dezent verteilte, schmale Chromleisten. Italienische Designerhandschrift, nicht frei von Plastikelementen, aber auch nicht ohne einen Hauch von Eleganz - bella figura eben.

380 Liter großer Kofferraum

Wir stellen uns vor, es wäre Mai und wir kurvten durch die Landschaft um Siena oder um Rom, und das Verdeck wäre im rückwärtigen Stauraum verschwunden. Nun, dann böte der ansonsten ausreichende Cabrio-Kofferraum (knapp 380 Liter) nur noch wenig Platz (unter 200 Liter), aber: Wir reisen ja schließlich oben offen und innerlich unbeschwert. Wozu dann ein üppiger Familienschlitten-Stauraum für hässliche Koffer?

Man ahnt: Das Cabrio von Lancia lockt den Lebenskünstler in uns. Der Wagen ist etwas für die italienischen, die sommerlichen Momente im Leben. Der Basispreis von 36.900 Euro ist nicht gering, aber für einen 2,4-Liter Benziner mit 170 PS, mit relativ komfortabler Ausstattung, einem Sechs-Gang-Automatikgetriebe, mit Navigationssystem, Klimaautomatik, einem hochwertigen Soundsystem dem Niveau der Premium-Konkurrenz ordentlich. Merkwürdig allerdings, dass es an den in dieser Preisklasse nicht unüblichen Sicherheits-Accessoires wie etwa Einparkhilfen beziehungsweise Abstandswarnung fehlt.

Lauter Motor

Das Auto gewährt ausreichend Platz, sogar im Fond. Was empfindlich stört, ist die Motorisierung des beinahe fünf Meter langen, schweren Gefährts von knapp 1,8 Tonnen Leergewicht und einem Wendekreis von 11, 5 Meter. Nur wer das Gaspedal ganz sachte bedient, bekommt das Gefühl, es gehe geräuscharm voran. Doch wehe dem, den es schnell vorwärts drängt, der los preschen möchte. Dann gibt sich das Auto wie ein Löwe, der furchtbar brüllt, dem aber ausreichend Kräfte fehlen.

Viel Drehzahl-Geheule und wenig dahinter also - ein deutliches Manko dieses figurbetonten Automobils, dem das Poltergeist-Gehabe einer Mehr-Schein-als-Sein-Motorisierung nicht steht. Die Höchstgeschwindigkeit wird mit 195 kmh angegeben. Das möchte man bei dieser lärmenden Behäbigkeit lieber nicht testen. Also, verehrte Cabrio-Freundinnen und -Freunde: Wer es kommod mag und oben offen, wer maßvoll Gas gebend die Gegend genießen und die vielen anerkennenden Blicke anderer Verkehrsteilnehmer in geschlossenen Allerwelts-Pkw einfangen möchte - dem wird das Lancia-Flavia Cabrio gefallen.

(anch)
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