Fahrbericht: Mazda3 Mazda macht´s anders

Sitges/Spanien · Viele Angebote in der Golf-Klasse haben nur zum Ziel, in der einen oder anderen Kategorie besser als der Platzhirsch aus Wolfsburg sein. Die komplette Alternative will Mazda mit dem neuen Mazda3 liefern. Aber ist der Andersmacher auch ein Bessermacher?

Das ist der neue Mazda3 (2013)
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Das ist der neue Mazda3 (2013)

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Foto: SP-X

Small is beautiful – klein ist fein. So verkünden es die Autohersteller weltweit und präsentieren uns staunenden Kunden immer größere Fahrzeuge mit immer kleineren Motoren und immer tolleren Spritsparrekorden; auf den Testständen im offiziellen Prüfzyklus zumindest. Da trumpfen etwa Benziner mit Mini-Hubräumen rund um die Ein-Liter-Marke auf, von Profifahrern mit homöopathischem Gaspedaldruck bewegt.

Die Verbrauchswirklichkeit hinter den turbogetriebenen Direkteinspritzern ist im Fahrbetrieb von Otto Normalfahrer oft ernüchternd. Auch darum schert Mazda aus der Downsizing-Glaubensgemeinschaft aus. Big is beautiful – groß ist gut, heißt es auch beim neuen, ab 16.990 Euro erhältlichen Mazda3. Und erste Fahrtests zeigen: Da ist was dran.

Denn die Japaner bieten mit ihren zwei Benziner-Saugmotoren ein Fahr- und Sparerlebnis der anderen Art: Der 1,5-Liter mit 74 kW/100 PS und der in zwei Leistungsstufen angebotene Zweiliter (88 kW/120 PS und 121 kW/165 PS) sind dazu ultrahoch verdichtet (14,0:1) und entfalten ihre Kraft ganz ohne den Turbo-Schub der Downsizing-Konkurrenten. Das macht sich vor allem im unteren Drehzahlbereich bemerkbar, wo selbst der kleinste Benziner so flott loslegt wie der Japaner mit der langen Schnauze das schon optisch verspricht.

Allerdings fehlt genau der besagte Turbo-Effekt der Wettbewerber wie Seat oder Ford eben dann, wenn es beispielsweise knackig bergauf geht. Dann ist in allen Leistungsstufen der Benziner eifriges Schalten angesagt. Mit dem famosen Sechsganggetriebe macht das allerdings viel Vergnügen. Und auch die Sechsgang-Automatik bringt den 3er-Piloten weich schaltend zügig voran. Wenn er denn das Geld dafür hat. Aber dazu gleich mehr.

Sportliches Fahrverhalten erwünscht

Das sportlich-direkt übersetzte Lenkrad vermittelt besten Fahrbahnkontakt. Feinarbeit an der McPherson-Vorder- und aufwendiger Multilink-Hinterachse sorgen für ein zackiges Verhalten. Der Mazda3 bleibt dennoch lange neutral, bis der Fahrer beim ersten Untersteuern nachdrücklich durch den Schleuderschutz eingefangen wird. Das macht Freude – allerdings eher dann, wenn Beifahrer und Kinder auf dem Rücksitz über einen robusten Magen verfügen. Denn schon der Basis-Mazda3 in Prime-Line-Ausstattung lässt seine Insassen über raueres Geläuf nicht im Unklaren – und jener mit den 18-Zoll-Felgen in der Topversion rollt sogar auf Spaniens Autobahnen spürbar ab. Da könnte die angekündigte Powervariante MPS ein Bandscheiben-Härtetester werden, wenn Mazda sich nicht zügelt.

Apropos Zügeln: Was ist nun mit der versprochenen Verbrauchs-Diät? Vor allem der Zweiliter mit Start-Stopp-Automatik und dem Rekuperationssystem i-Eloop hält da Wort: Dazu verschiebt beim Bremsen ein Generator Energie in einen Speicher, der sie wieder an andere Verbraucher oder die Batterie abgibt. Der Motor wird so entlastet. Die angekündigten 5,8-Liter-Durchschnittsverbrauch des stärksten Benziners mit 165 PS sind auf der großen Runde tatsächlich in Sicht. Programm-Manager Takeo Moriuchi schwört: "Wir sind bei Beschleunigung und Umweltfreundlichkeit besser als gleich starke Golf und Focus." Der bewährte 2,2-Liter-Diesel mit seinen 110 kW/150 PS ist ohnehin dafür bekannt, dass er zumindest bei einigermaßen gezügelter Bewegung Freude beim gelegentlichen Tanken macht. Am Fahren dank Super-Drehmoment ohnehin.

Neben den Motoren und einem cW-Wert von 0,275 trägt aber auch gezielter Leichtbau zum Sparen bei – vor allem mit dem konventionellen Werkstoff Stahl. 70 Kilo leichter ist der Mazda 3 gegenüber dem gleich langen Vorgänger. Der war 2,5 Zentimeter höher und 4 Zentimeter schmaler. Das bewirkt im Verbund mit der weiter hinten sitzenden A-Säule, dass der neue Mazda3 deutlich sportlicher daherkommt. Die Silhouette legt den Vergleich zum BMW Einser nahe – und den Verdacht, dass es Innen nun ähnlich beengt zugeht wie beim kleinen Bayern.

Platz für die ganze Familie

Vor allem Familien wird es freuen, dass diese Befürchtung sich nicht bestätigt. Denn zum einen ist der Japaner nach wie vor ein frontgetriebenes Fahrzeug, so dass wertvoller Innenraum im Heck nicht anderweitig belegt ist. Zum anderen waren die Japaner auch dort pfiffig: Die Sitze etwa sind schlanker gepolstert und sparen neben sieben Kilo Gewicht auch Platz. Bequem fühlt sich das Gestühl dennoch in beiden Reihen an. Und auch Hinten geht es dank mehr Radstand als im Vorgänger luftig zu. Beim Fußraum ist der Mazda sogar Klassenprimus. Selbst in der Höhe finden größer Gewachsene Raum. Für echte Lulatsche fehlt es bloß an Beinauflage.

Ansonsten aber fühlt sich der Passagier an Bord des Mazda3 wohl. Wie hinter dem Steuer verspürt er auch die übrige Bedienung fast so hochwertig wie in einem Audi. Mit einem satten "Klack" rasten etwa die Regler im Chromkranz der Klimaanlage ein. Und weich unterschäumte Flächen auf den berührungsintensiven Bereichen des Armaturenbretts wirken ebenso angenehm wie die Klavierlack-Elemente im Innenraum. Wie im SUV CX-5 und dem Mittelklassewagen Mazda6 arbeitet auch im 3er jetzt das Bediensystem mit zentralem Dreh-Drücksteller. Und zwar schon nach kürzester Gewöhnungszeit einfach und ablenkungsarm. Ein Sicherheitsplus auch, wenn gerade eine Facebook-Post im Multimediasystem und auf dem 7-Zoll-Bildschirm (Serie ab Center-Line) einläuft.

Top Sicherheitssysteme

Sicherheit garantiert auch die Topwertung von fünf Sternen beim Euro NCAP-Test. Und bei den Assistenzsystemen spielt Mazda mit im Premium-Segment: Spurhalte- und Spurwechselhelfer, City-Notbremssystem, Bi-Xenon-Scheinwerfer und Head-up-Display sind zu haben. Allerdings nur, wenn der Kunde mindestens die mittlere Ausstattungsvariante Center-Line (ab 20.290 Euro) nimmt. Hightech-Sicherheitshelfer wie den Abstandstempomaten gibt es im Paket sogar nur für die Topausstattung Sports-Line (ab 23.290 Euro). Die Aufpreisliste ist mit Metallic-Lacken (ab 530 Euro), Navi (600), Automatik (ab 1.800) und drei Komfort-, Licht- und Sicherheitspaketen (900, 650, 1.650 Euro) fair und überschaubar gepreist. Wer alles haben will, muss allerdings die Top-Variante ordern.

Wer hingegen die Basis kauft, kann außer Metallic-Lack kein Komfort- oder Sicherheitsplus ordern. Die Mazda-Macher erwarten deshalb, dass kaum ein Kunde diese Ausführung bestellen wird. Aber knapp 17.000 Euro sind eben vor allem ein Lockruf, den die Händler im Wettbewerb brauchen. In dieser Hinsicht zumindest tickt Mazda genauso wie alle anderen Hersteller.

(ham)
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