Range Rover Sport SDV6 im Test Hält nicht alles, was er verspricht

"Sport ist Mord" – steht dieser legendäre Ausspruch von Winston Churchill für die Sichtweise der britischen Oberschicht auf Leibesertüchtigungen? Und wenn ja, wie passt da ein Range Rover Sport ins Bild?

Der Range Rover Sport SDV6 im Test
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"Sport ist Mord" — steht dieser legendäre Ausspruch von Winston Churchill für die Sichtweise der britischen Oberschicht auf Leibesertüchtigungen? Und wenn ja, wie passt da ein Range Rover Sport ins Bild?

Die Hersteller von SUV und sogenannten Crossover-Fahrzeugen versuchen uns ihre Produkte unter anderem gerne als besonders "sportlich" zu verkauften, schließlich steht das "S" in SUV ja auch dafür. Dabei stellt bei diesen Fahrzeugen meist das reinklettern in die Kabine schon die größte Herausforderung an Muskeln und Gelenke dar. Und dieser Einstieg ist — nicht das wir uns falsch verstehen — meist sehr bequem.

Land Rover ist dafür bekannt, nicht nur irgendwelche SUV zu bauen. Sondern Fahrzeuge, die (noch) das immer seltener werdende Prädikat "Geländewagen" verdienen; mit denen man also mehr kann, als nur kurz über einen Feldweg zu hoppeln. Da stellt sich schon die Frage, was für eine Art Fahrzeug der neue Range Rover Sport da schon sein kann?

Zunächst einmal ist der "Sport" ein echter Range, wird also vom 14 Zentimeter längeren Edel-Geländewagen Range Rover abgeleitet. Das ist keinesfalls so selbstverständlich wie es sich zunächst anhört, basierte doch die erste Generation noch auf dem klassentieferen Discovery. Seit Spätsommer letzten Jahres gibt es den Range Rover Sport in der zweiten Generation, die erstmals diesen Namen verdient.

Vom edlen Schwestermodell Range Rover hat der "Sport" die Voll-Aluminium-Karosserie übernommen, das Leichtmetall kommt nicht nur auf der Außenhaut, sondern auch in der Struktur zum Einsatz. Der sich daraus ergebende Effekt ist erstaunlich, zumindest wenn man das neue Modell mit dem alten vergleicht. Über 400 Kilogramm haben die Briten an Gewicht eingespart. Klar, dass der "Sport" mit dem von uns gewählten 3,0-Liter-Diesel (215 kW/292 PS) unter der Haube auf Gasbefehle mit spontanem Vortrieb reagiert. Dies unterstützen auch die offiziellen Fahrdaten: Nach 7,2 Sekunden ist der "Sport", aus dem Stand startend, bei Tempo 100 angekommen. Bis zu 210 km/h sind drin, gegen Aufpreis gibt es einen Zuschlag von 12 km/h. Viel wichtiger als diese Zahlen ist speziell bei einem Geländewagen aber das Drehmoment. Hier offeriert Land Rover satte 600 Newtonmeter bei 2.000 U/min und genügend Kraft an der Kurbelwelle zu jedem Zeitpunkt.

Das alles sind Werte, die noch vor wenigen Jahren einem Sportwagen gut zu Gesicht gestanden hätten. Aber — sorry liebe Briten — das Wort "Sport" unterscheidet diese Variante zwar irgendwie vom großen Range, passt aber so gar nicht zu eurem ansonsten gepflegten Understatement. Denn wenn auch deutlich leichter geworden wiegt der Geländewagen immer noch fast 2,2 Tonnen und die wahre Disziplin sportlicher Fahrzeuge, also die Querbeschleunigung, ist seine Sache allein schon wegen der Kombination aus Gewicht und hohem Schwerpunkt natürlich nicht.

Auch im Range Rover Sport ist man — wie in vielen Dickschiffen - lieber gebremst schnell unterwegs. Dazu passt auch das zwar moderne, aber doch eher edle als wirklich sportliche Interieur, dazu passen auch die langstreckentauglichen Sitze und die zwar im Vergleich zum Vorgänger direktere, aber wiederum auch nicht besonders direkte Lenkung.

Trotzdem kann man mit dem Briten Spaß haben. Dies aber weniger bei der Bewältigung eines Alpenpasses, sondern entweder so richtig im Gelände (Sperrdifferential, Geländeuntersetzung sind an Bord) oder auf der Autobahn (starker Motor, tolles Achtgang-Automatikgetriebe). Enge Kurven und ebensolche Innenstädte sind dagegen eher nicht sein Revier, obwohl das coole Design des "Sport" ihn zumindest optisch nach Düsseldorf, München oder Hamburg verortet.

Ein Blick in die Preisliste zeigt, dass dort und vielleicht noch auf Sylt auch seine Käufer zu finden sein werden. Anders als andere Marken stellen sich die Briten nämlich auch preislich selbstbewusst ihrer einzigen Konkurrenz — und die kommt aus Deutschland und heißt Porsche Cayenne oder BMW X5. Von diesen Premium-Wettbewerbern hat Range Rover auch die pekuniäre Einordung übernommen: hoher Grundpreis (69.500 Euro als SDV6) und hohe Aufpreise nicht für alle, aber für viele der in unserem Testwagen eingebauten Annehmlichkeiten.

Kein Problem, wer sich der feinen Form der Leibesertüchtigung verschrieben hat, sollte auch über das nötige Kleingeld verfügen. Für uns andere, die verschwitzt nach einem Waldlauf, einem Tennismatch oder einem profanen Kick mit Freunden ins Auto einsteigen, gibt es ja jede Menge ganz normaler SUV und Crossover.

(cfk)
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