Probefahrt im Volkswagen Scirocco Zwei Türen zum glücklich sein

Düsseldorf · Mit einem behutsamen Facelift hat Volkswagen sein Traditionscoupé Scirocco wieder auf Vordermann gebracht. Statt großer Veränderungen gibt es leichte Modifikationen und ein schärferes Profil.

Fahrbericht VW Scirocco
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Als der Scirocco im Jahr 2008 nach 16 Jahren Pause wieder auf den Markt kam, freuten sich eingefleischte VW-Traditionalisten. Denn der Name umwehte das Coupé mit einem Hauch von Siebzigern, und wenn man den schicken Zweitürer auch noch in der damaligen Trendfarbe Viperngrün bestellte — was bis heute geht —, war es um manchen Fan vollends geschehen.

Doch ein Verkaufsschlager wurde der Volkswagen hierzulande nicht. So setzte der Konzern im vollen Jahr 2013 gerade einmal dreieinhalbtausend Einheiten ab. Im gleichen Zeitraum gingen 16-mal so viele Tiguan über die Ladentheke — von anderen Modellen wie Golf oder Passat ganz zu schweigen. Wer hätte jemals gedacht, dass sich ausgerechnet China, das Land der großen Chauffeur-Limousinen, zum volumenreichsten Markt für das sportive Coupé entwickeln würde?

Jetzt hat der Hersteller den in Grundausstattung zwischen 23.900 und 38.075 Euro kostenden Zweitürer behutsam modifiziert. Kenner identifizieren den frischen Jahrgang vor allem am neu gestalteten Lichtdesign der Heckleuchten sowie an einer geänderten Frontschürze. Unter dem Blech hat sich freilich auch etwas getan: Die Triebwerke verbrauchen laut Werk bis zu 19 Prozent weniger Kraftstoff bei gesteigerter Leistung.

40 Jahre Volkswagen Scirocco
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Als besonderes Highlight sieht man in Wolfsburg ohne Frage den jetzt auf 206 kW/280 PS (früher 265 PS) erstarkten R an, den man außerdem auf Genügsamkeit getrimmt hat mit einem um 1,4 Liter je 100 km gesenkten Benzinverbrauch.

Auch wenn sein Anteil an der Gesamtpalette weniger als zehn Prozent ausmacht, wie Produktmarketing-Expertin Andrea Maria Ernst weiß, ist er ein wichtiges Aushängeschild für die Modellreihe. Ganz nach dem Motto "das Beste kommt zum Schluss" haben wir für die erste Probefahrt jedoch einen Diesel gewählt. Immerhin beträgt der Selbstzünderanteil ein gutes Drittel — was angesichts des Sparpotenzials kaum verwundert.

Analog zum aktuellen Motorenprogramm sind die TDI-Varianten nun auf 110 kW/150 PS respektive 135 kW/184 PS erstarkt und werden ab 28.225 Euro angeboten. Für erste Ausfahrten haben die Wolfsburger die stärkere Version (4,4 Liter/100 km und 115g CO2) mitgebracht, und gleich nach dem Start stellt sich auch schon der erste Aha-Effekt ein.

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Foto: Hersteller

Denn nach Diesel klingt der giftig agierende Schönling so gar nicht; schon ein leichter Tritt aufs Gaspedal wird mit einem wütenden Schnauben quittiert — da braucht es keinen Sportauspuff aus dem Zubehör. Ist das wirklich ein Diesel? Die Frage muss gestellt werden, so gut haben die Klangdesigner nachgeholfen. Nur bei geöffnetem Fenster mischt sich das Schnarren des Commonrails unter die wohlkomponierte Musik aus dem Generator.

Bei den Benzinern kommt es zu einer solchen akustischen Melange gar nicht erst, denn ihr "unbearbeiteter" Ton klingt schon ohne weiteres Zutun authentisch nach Sportwagen. Wir haben schon platzgenommen im wütenden R und Verlassen den Parkplatz in Richtung Autobahn. Da ist er gut aufgehoben, vor allem links.

Dank aggressiver Front und markanten LED-Tagfahrlichtern fällt das Überhol-Prestige ordentlich aus, und die beiden potenten Auspuffrohre, die der Überholte bald zu Gesicht bekommt, zeigen ihm, dass hier eine Topversion am Werk war. Binnen 5,5 Sekunden geht es auf Landstraßen-Tempo, und der Niedersachse rennt hurtig in die 250 km/h-Sperre.

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Das knackige Sechsgang-Getriebe passt zu den betont straffen, aber nicht knüppelharten Dämpfern, der aus allen Lebenslagen druckvoll beschleunigende Scirocco darf sehr wohl als gelungene Komposition bezeichnet werden. Oben auf der Mittelkonsole neuerdings angebrachte Zusatzinstrumente mit Ladedruckmesser (ja, auch beim Diesel) sowie Öltemperatur-Anzeige unterstreichen den Sportwagen-Charakter und den traditionellen Einschlag, früher waren solche Gimmicks bei schnellen Autos üblich.

Markante Bremssättel in schwarz, ein ebenfalls schwarzer Dachhimmel, Dekoreinlagen in Carbon-Optik sowie straffe Sitze arbeiten den sportlichen Habitus der teuersten Scirocco-Ausgabe heraus. Und die hier obligatorische Simulation einer Quersperre (per Bremseingriff) unterstützt forsches Kurvenfahren.

Dass man dem Coupé sein Alter trotz Facelifts anmerkt, dürfte die sich sogar gegenseitig grüßende Klientel nicht stören: Das gegen 2.060 Euro lieferbare große Navigationssystem entspricht zum Beispiel nicht dem neuesten Stand der Technik — den aus dem Golf bekannten Annäherungssensor gibt es weder gegen Geld noch gute Worte, das damit einhergehende neue Kartenbild samt Software auch nicht.

Und wer besseres Licht wünscht, muss zum 1.215 Euro teurem Xenonlicht greifen (bei R serie), LED-Vollscheinwerfer werden nicht angeboten. Doch die eine oder andere Innovation hat der Scirocco dann doch mit auf den Weg bekommen. So unterstützt der Blind Spot-Sensor beim Ausparken. Solange fließender Verkehr herrscht, der aus dem recht unübersichtlichen Beau heraus nicht immer einfach einsehbar ist, warnt die Anlage per Piepton und beugt Zusammenstößen vor.

Außerdem hilft eine jetzt verfügbare Einparkautomatik sowohl beim Ein- als auch Ausparken. Doch das schönste Extra ist ohne Zweifel die wohlgeformte Karosserie des Scirocco. Ein Grund, warum viele Kunden auch zur günstigen Basisversion mit 92 kW/125 PS greifen und auch ganz ohne übermäßiger Performance oder Schnickschnack glücklich werden.

Volkswagen Scirocco - Technische Daten:

Zweitüriges Coupé der Kompaktklasse, Länge: 4,26 Meter, Breite: 1,81 Meter, Höhe: 1,41 Meter, Radstand: 2,58 Meter

2,0-l-Vierzylinder-Diesel, 110 kW/150 PS (135 kW/184 PS), maximales Drehmoment: 340 (380) Nm bei 1.750 bis 3.000 (3.250) U/min, Vmax 215 (230) km/h, 0-100 km/h in 8,6 (7,5) s, Durchschnittsverbrauch: 4,2 (4,4) l/100 km, CO2-Ausstoß: 109 (115) g/km, Effizienzklasse A,

Preis: ab 28.225 Euro

1,4-l-Vierzylinder-Turbobenziner, 92 kW/125 PS, maximales Drehmoment: 200 Nm bei 1.400 bis 4.000 U/min, Vmax 203 km/h, 0-100 km/h in 9,3 s, Durchschnittsverbrauch: 5,4 l/100 km, CO2-Ausstoß: 125 g/km, Effizienzklasse C,

Preis: ab 23.900 Euro

2,0-l-Vierzylinder-Turbobenziner, 162 kW/220 PS (206 kW/280 PS), maximales Drehmoment: 350 (350) Nm bei 1.500 bis 4.400 (2.500 bis 5.000) U/min, Vmax 246 (250) km/h, 0-100 km/h in 6,5 (5,5) s, Durchschnittsverbrauch: 6,0 (8,0) l/100 km, CO2-Ausstoß: 139 (187) g/km, Effizienzklasse C (F),

Preis: ab 28.525 Euro

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