Ratgeber Das Fahrrad selbst reparieren - mit Profi-Hilfe

Düsseldorf · Einfach mal selbst die Bremsen am Fahrrad wechseln - dafür fehlt vielen allein schon das Werkzeug. In Selbsthilfe-Werkstätten steht das nötige Equipment bereit - und wer nicht weiter weiß, kann die Profis fragen.

Fahrrad reparieren DIY - mit Profihilfe
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Foto: Sebastian Willnow/dpa-tmn

Im Frühjahr wird es in der kleinen Fahrradwerkstatt von Markus Geng in der Leipziger Innenstadt manchmal eng. "Die Leute wollen nach dem Winter jetzt ihre Räder fit machen", sagt er und erklärt, was das heißt: Schaltung nachstellen, Bremsen überprüfen, den einen oder anderen Mantel austauschen.

Wer in die Fahrrad-Selbsthilfe-Werkstatt im soziokulturellen Zentrum VILLA kommt, legt selbst Hand an. Geng stellt das Werkzeug, schafft eine nette Atmosphäre und beantwortet Fragen. Und wenn die fünf Fahrradmontageständer in dem 35 Quadratmeter kleinen Raum nicht ausreichen, wird ein Rad auch einfach mal nur auf den Kopf gedreht. Schnörkellose Hilfe zur Selbsthilfe eben.

Selbermachen liegt im Trend. Fast die Hälfte der Befragten einer Burda-Studie von vor gut einem Jahr gab an, ein Fan davon zu sein, Dinge selbst anzufertigen. Das kann glücklich machen und helfen, den Geldbeutel zu schonen.

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Foto: Cobi

Bei "Do it yourself" geht es aber nicht nur ums Heimwerken oder darum, selbstgemachte Kissen und Girlanden im Netz zu verkaufen. Es gibt auch immer mehr Fahrradwerkstätten, in denen Kunden ihre Räder selbst reparieren oder erneuern - und dabei noch etwas darüber lernen können, wie genau sie funktionieren.

Nur wie gut sind diese Werkstätten, und ist Selbermachen überhaupt verkehrssicher? Die Werkstätten gibt es nach Auskunft des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) vor allem in größeren Städten.

Viele sind demnach gemeinnützig, manche gibt es nur vorübergehend, andere sind fest eingerichtet. In Berlin betreibt der Fahrradbund selbst eine Selbsthilfewerkstatt. Wer hier schrauben will, darf das sogar kostenlos tun. Der Verband bittet lediglich um eine kleine Spende.

"Uns geht es darum, dass Menschen lernen, wie sie ihr Fahrrad mit ein paar Handgriffen selbst reparieren können", sagt Philipp Poll vom Berliner Landesverband des ADFC. "Und", fügt er hinzu, "dass sie die Funktion verkehrssicherheitsrelevanter Teile im Blick behalten." Dass in der Werkstatt immer ein Profi vor Ort ist, den fragen kann, wer nicht mehr weiter weiß, soll helfen, Hemmschwellen abzubauen.

Beim ADFC wird also darauf geachtet, dass die Schrauber auch nach der Do-it-yourself-Reparatur noch bedenkenlos in die Pedale treten können. Wie gut die Betreiber anderer Werkstätten darauf achten, kann Poll nicht sagen. "Es gibt kein Zertifikat oder so etwas", sagt er. Zudem seien die Werkstätten, die Poll wegen des häufig soziokulturellen Anstrichs "Projekte" nennt, sehr unterschiedlich - was Preis, Ausstattung und sogar das Publikum anbelangt.

So gibt es in der Werkstatt des ADFC in Berlin so gut wie alles, was es in einer kommerziellen Fahrradwerkstatt auch gibt. "Außer Lackierungen und Schweißarbeiten können wir hier alles machen", sagt Poll. Besucher können, wenn sie das wollen, auch ihre Ersatzteile über die Werkstatt kaufen, die gängigsten sind sogar vorrätig.

Andere Werkstätten würden sich da eher auf "die Basics" konzentrieren. Manche sind auf ein bestimmtes Publikum spezialisiert - bei Kidbike in Kreuzberg schrauben zum Beispiel nur Mädchen. Grundsätzlich, so Poll, richten sich die Werkstätten aber an alle Menschen mit der Motivation, selbst etwas am Rad machen zu wollen.

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Foto: dpa, loe

Zu Markus Geng in die Leipziger Innenstadt kommen vor allem Studenten - vor 15 Jahren wurde die Werkstatt auf Initiative des Studentenwerks gegründet, die das Projekt noch heute größtenteils finanziert. Geng selbst leitet die Werkstatt seit fünf Jahren. Neben den Studenten kommen inzwischen Menschen aus allen Schichten und Altersgruppen, so der Chef. Viele von ihnen sind demnach Stammkunden.

Für das häufigste Problem, nämlich den platten Reifen, hat Geng verschiedene Abzieher in seiner Werkstatt und die gängigsten Spezialwerkzeuge. "Alle sind aber bei der Vielfalt nicht möglich", sagt er. Das bedeute, dass er manchmal auch nicht helfen kann. Ersatzteile können bei ihm auch gekauft werden. Der gemeinnützige Verein, in dessen Räumen die Werkstatt untergebracht ist, unterstützt das und finanziert die Teile vor.

Für die Kunden lohnt sich das Selberschrauben zumindest finanziell in jedem Fall. Bei Geng können Uni-Studenten kostenlos an ihren Rädern arbeiten. Von allen anderen nimmt er sechs Euro in der Stunde. "Das ist in jedem Fall viel günstiger als bei den Profis, die durchaus einen Werkstattstundensatz von 50 bis 60 Euro abrufen müssen, um rentabel arbeiten zu können", sagt Geng.

Sich ein bisschen auskennen müssen sich die, die in die Leipziger Fahrradwerkstatt kommen, aber schon, sagt Markus Geng. "Leider muss ich viel zu oft helfend eingreifen", sagt er. Grundsätzlich tue er das zwar gern, aber bei vollem Haus sei das manchmal schwierig.

Auch Mareike Hermann empfiehlt, sich vorher über das zu informieren, was man plant. Sie ist Sprecherin der Do-it-yourself-Academy in Köln und kennt die Tricks, um nicht am Anfang gleich frustriert zu sein und zählt auf: "Im Netz informieren, sich nicht zu viel vornehmen, langsam anfangen."

Wer das beherzigt, der hat am Ende sicher ein günstig repariertes Rad - und ist vielleicht sogar ein bisschen glücklicher als vorher. "Es ist natürlich schön, etwas mit den Händen zu machen", sagt Selbermach-Expertin Hermann. "Besonders reizvoll ist es, dass man einen Prozess von Anfang bis Ende mitbekommt und im Griff hat."

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Foto: dpa, loe zeh

Gerade in der heutigen Arbeitswelt, in der viele nur einen Teil großer Aufgaben erledigen oder verantworten, könne das ein schöner Ausgleich sein. "Wer etwas selbst macht, gibt sich den Takt vor und ist sein eigener Herr", sagt Hermann.

(csr/dpa)
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