Fahrerbewertung.de Für Autofahrer gibt es jetzt den Online-Pranger

Duisburg · Auf der Seite fahrerbewertung.de können Nutzer anonym das Verhalten von Autofahrern nach dem Ampelprinzip beurteilen. Die Resonanz ist groß. Datenschützer schütteln den Kopf über das neue Frustabbau-Portal. Juristen bleiben indes gelassen.

So sieht fahrerbewertung.de aus
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Foto: Screenshot

Sich im Straßenverkehr über andere Autofahrer aufzuregen, gehört für zahlreiche Deutsche zu den Lieblingsbeschäftigungen. Da sind die BMW-Fahrer, die angeblich gerne rasen und zu dicht auffahren. Oder der Senior im Mercedes-Diesel, der spätabends mit 26 Stundenkilometern durch die Dreißigerzone rollt. Für den Frust, der hier entsteht, gibt es jetzt ein Ventil.

Das neue Petz-Portal fahrerbewertung.de funktioniert denkbar einfach. Nutzer tragen ein Kennzeichen ein. Dann haben sie drei Schaltflächen zur Wahl. Rot führt zur einer negativen Bewertung, gelb zu einer neutralen und grün zu einem positiven Eintrag. User können zudem nach beliebigen Kennzeichen suchen und sich die bisherigen Bewertungen ansehen.

In der Rubrik "Statistiken" werden die gesammelten Daten dann nach verschiedenen Kriterien ausgewertet. So erfährt der Besucher, dass sich Fahrer der Hersteller Suzuki oder Nissan in vielen Fällen positiv verhalten sollen. Fahrer von Subaru, Porsche oder Mercedes sollen indes öfter durch mieses Verhalten auffallen. Auch nach Städten wird sortiert. In Aschaffenburg fährt man angeblich vorbildlich, in Bayreuth sind viele Chaoten unterwegs.

Der Betreiber der Seite, die Bo-Mobile GmbH in Bonn, bemühte sich offensichtlich, Datenschützern möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Es gibt keine Kommentarfelder, in denen konkrete Beschuldigungen gegen einen Autofahrer erhoben werden können. Die drei Schaltflächen sind vage. Auch Hitlisten wie "Deutschlands schlechtester Autofahrer" gibt es nicht. Wer glaubt, zu Unrecht schlecht bewertet worden zu sein, kann dem Betreiber einen Brief schreiben.

Datenschützer in NRW sehen das neue Angebot dennoch kritisch. "Halterdaten lassen sich relativ leicht herausfinden; zum Beispiel über den gemeinschaftlichen Notruf der Autoversicherer", warnt Roul Tjaden, Sprecher des Datenschutzbeauftragten von NRW, im Gespräch mit "Welt Online". Der schleswig-holsteinische Datenschützer Thilo Weichert bezeichnete fahrerbewertung.de in einem Interview sogar als rechtswidrig.

Der Kieler Rechtsanwalt Stephan Dirks glaubt indes nicht, dass die Seite verboten werden kann. In seinem "Social Media Recht Blog" vergleicht er das neue Portal mit dem Fall des Schülerportals spickmich.de, das ebenfalls nicht verboten wurde.

"Es wird nur etwas öffentlich besprochen, was ohnehin für jeden offensichtlich ist. Insofern kann, was die Notenbewertung angeht, also auch nicht von einem besonders schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen gesprochen werden", schreibt Dirks und verweist auf ein Urteil des Landgerichts Kiel.

Dort heißt es: "Die anonyme Nutzung ist dem Internet immanent. Eine Beschränkung der Meinungsfreiheit auf Äußerungen, die einem bestimmten Individuum zugeordnet werden können, ist mit Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG nicht vereinbar." Im Klartext: Lästern im Internet ist vielleicht unschön, kann aber nicht ohne Weiteres verboten werden.

Wird fahrerbewertung.de ein ähnlicher Erfolg wie spickmich.de? Wahrscheinlich nicht. Die Seite kommt wenig attraktiv daher. Nutzer können zwar kurzfristig ihen Frust abbauen. Aber auch dies dürfte nach dem zweiten oder dritten Mal ziemlich langweilig werden.

(csi)
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