Testfahrten der IAA-Neuheiten Erlkönige im Tal des Todes

Frankfurt/Main · Schicke Kleinwagen, edle Luxuslimousinen, neue Autoträume der Sportwagenschmieden – trotz Krise kündigen sich für die IAA 2009 spannende Neuheiten an. Doch bevor es auf die große Showbühne geht, werden die Autoneuheiten auf Herz und Nieren getestet. Getarnt als "Erlkönig" sehen sie sich in der Wüste harter Strapazen ausgesetzt. Ein Blick hinter die Kulissen.

Death Valley: Erlkönige im Härtetest
7 Bilder

Death Valley: Erlkönige im Härtetest

7 Bilder

Schicke Kleinwagen, edle Luxuslimousinen, neue Autoträume der Sportwagenschmieden — trotz Krise kündigen sich für die IAA 2009 spannende Neuheiten an. Doch bevor es auf die große Showbühne geht, werden die Autoneuheiten auf Herz und Nieren getestet. Getarnt als "Erlkönig" sehen sie sich in der Wüste harter Strapazen ausgesetzt. Ein Blick hinter die Kulissen.

Zumindest als "Erlkönig" ist das Dasein eine Schinderei. Denn die gleichnamigen Prototypen der Autohersteller werden harten Strapazen unterzogen. Neben eisigen Wintertests am Polarkreis, tagelangen "Stopp- und Go"-Fahrten im Stadtverkehr von Shanghai und endlosen Kilometern auf abgesperrten Testgeländen müssen sie auch in glühender Hitze ihre Serienreife beweisen.

Noch kurz vor der Premiere auf der Internationalen Automobil Ausstellung (IAA) in Frankfurt (17. bis 27. September) sind künftige Showstars vor allem im Death Valley im amerikanischen Westen unterwegs. Der Nationalpark rund um das "Tal des Todes" zählt mit Temperaturen von mehr als 50 Grad Celsius zu den heißesten Orten der Welt.

"Am Tal des Todes führt kein Weg vorbei"

Warum dort getestet wird, erklärt Porsche-Panamera-Projektleiter Andreas Jaksch so: "Wir wollen unsere Fahrzeuge vor dem Serienstart unter den unterschiedlichen Bedingungen, bei Wind und Wetter, bei Eiseskälte und Gluthitze auf Herz und Nieren testen. Da führt am Tal des Todes kein Weg vorbei." In dem Tal liegt das Augenmerk vor allem auf der Klimatisierung und der Kühlung von Motor und Getriebe: "Wenn man selbst bei diesen Außentemperaturen drinnen angenehm reisen kann und das Kühlwasser auch nach vielen Stunden Dauerlauf nicht zu heiß wird, müssen wir uns vor dem Urlaubsstau auf dem Weg nach Italien keine Sorgen machen."

Verliert der Lack seinen Glanz?

Doch auf den Straßen zwischen den Orten Beatty und Baker geht es laut Skoda-Entwicklungschef Eckhard Scholz nicht nur um die Kühlung. "Hier können wir auch prüfen, wie sich etwa die einzelnen Materialien am Fahrzeug bei starkem Sonnenlicht und anhaltender Hitze verhalten." Lassen sich die Instrumente selbst im gleißenden Sonnenlicht gut ablesen? Verliert der Lack seinen Glanz? Und wie verhalten sich Türdichtungen oder Zierteile auf dem Armaturenbrett?.

Risiken durch unterschiedliche Belastungen

"Es ist nicht die Hitze allein, die wir hier mögen", ergänzt Peter Krist, der bei BMW die Entwicklung des neuen Geländewagens X1 geleitet hat. "In keiner anderen Region können wir so einfach Tests bei wechselnden Temperaturen fahren." Denn ein paar Meilen aus dem Tal heraus ist es schon 20 Grad kälter. Gerade die unterschiedlichen Belastungen bergen gewisse Risiken und müssen besonders gründlich untersucht werden, erläutert der Ingenieur.

Während die Industrie sonst auf strikte Geheimhaltung achtet und sich auf weiträumig abgesperrten Arealen versteckt, präsentieren sich die Geheimnisträger im Glutofen vergleichsweise offen. Verstecken ist in der Einöde kaum möglich: Die meiste Zeit im Jahr hat auf vielen hundert Kilometern nur ein einziges Hotel geöffnet, es gibt nur eine asphaltierte Straße, und auch zum Tanken haben die Autohersteller nicht viel Auswahl. So stehen die Prototypen an der Zapfsäule neben den Leihwagen und Wohnmobilen der Urlauber. Auf dem Parkplatz der Furnace Creek Ranch flanieren die Reisenden zwischen den Testfahrzeugen — und abends lauschen die Touristen den Testern am einzigen Tresen im Tal des Todes.

Zuschauer werden in Kauf genommen

Dass sie im Death Valley mehr Zuschauer haben als beim Wintertest in schwedischen Arjeplog oder beim Dauerlauf im norddeutschen Papenburg nehmen die Entwickler in Kauf. "Es gibt einfach nirgends sonst auf der Welt ein derart ideales Prüfgelände", erklärt Andrew Dobson, der die Entwicklung des neuen Jaguar XJ geleitet hat. "Schließlich haben wir dort nicht nur diese ungeheure Hitze, sondern zudem noch Steigungsstrecken wie auf den steilsten Alpenpässen."

"Marathonlauf in der Sauna"

Immerhin liegt Badwater im Herzen des Death Valley mehr als 80 Meter unter dem Meeresspiegel und ist damit der tiefste Punkt der USA — die Hügelketten ringsum dagegen sind teilweise über 3000 Meter hoch. "Was die Prototypen hier bei ihrer täglichen Berg- und Talfahrt durchmachen, gleicht deshalb beinahe einem Marathonlauf in der Sauna", sagt Dobson.

Und das dann auch noch unter erschwerten Bedingungen: So war der X1 von BMW im Death Valley nicht nur auf Asphalt unterwegs, sondern auch auf einer über 100 Kilometer langen Schotterstrecke — die führt staubig und mit teilweise knietiefen Schlaglöchern zum nördlichen Ausgang des Nationalparks. "Weil Geländewagen oft als Zugfahrzeuge eingesetzt werden, hatten wir gerade bei den Steigungstests häufig schwere Anhänger im Schlepp."

Eine Belohnung für die harten Arbeitsstunden der Entwickler und Testfahrer sind dann Momente wie die Premieren auf der IAA: Denn so eine Präsentation zeigt, dass sich die Mühen gelohnt haben — und der einstige Erlkönig nun als kommendes Serienfahrzeug im Scheinwerferlicht stehen kann.

(dpa/anch)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort