IAA 2015 Keine Angst vor dem Auto der Zukunft

Automobilbranche im Umbruch: Autonomes Fahren und digitale Vernetzung sind die großen Themen, mit denen sich die Hersteller auf der IAA präsentieren.

Ein Gespenst geht um. Sein Name ist Google. Seit 2012 testet der US-Konzern das selbstfahrende Auto. Dieses Jahr wollte der IT-Riese erstmals bei der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt am Main aufschlagen. Aber denkste. Das Google-Auto ist nicht da. Dennoch redet die Branche über fast nichts anderes. Die Lage scheint ernst. Es geht um die Frage, welche Rolle das Auto in Zukunft spielen wird. Und ob es den deutschen Herstellern gelingt, mit der Entwicklung Schritt zu halten.

Philipp Justus, Managing Director von Google Deutschland, Österreich und der Schweiz, erklärte derweil: "Google ist kein Automobilhersteller und hat auch nicht vor, einer zu werden. Wir wollen Technologien für das Automobil entwickeln." Willkommen im Club. Derzeit investieren Unternehmen aus der Automobil- und Zuliefererbranche Milliarden, um Autos intelligenter zu machen. "Das intelligent vernetzte Auto kommuniziert mit seiner Umwelt und mit anderen Verkehrsteilnehmern", sagt Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). "Es kann selbstständig einparken, warnt frühzeitig vor Hindernissen und verhindert Unfälle. Autofahren wird in den kommenden Jahren noch sicherer und komfortabler."

Wie das gehen soll, können Besucher auf der IAA in der sogenannten New Mobility World erleben, wo auch Kommunikationsunternehmen wie Vodafone und die Deutsche Telekom ihre Lösungen für Konnektivität und Internetfähigkeit präsentieren. Die Entwickler sind schon einen Schritt weiter. In Wuppertal will Delphi ab Ende des Jahres auf einer Teststrecke das automatisierte Fahren erproben. ZF TRW plant, das Thema nach Düsseldorf zu holen. Nächste Woche trifft man sich mit NRW-Verkehrsminister Michael Groschek, um über einen Rundkurs in der Landeshauptstadt zu sprechen, teilt Alois Seewald, Technischer Direktor Automatisiertes Fahren, mit.

"Das Ruhrgebiet bietet gute Voraussetzungen für unsere Tests", sagt Seewald. Sollte es klappen, könnte der Entwicklungsstandort Düsseldorf ausgebaut werden. Allein in der Landeshauptstadt stünden vier Autos - ausgerüstet mit Radarsensoren und Kameras - bereit, mit denen möglichst viele Daten erhoben werden sollen.

Unternehmen wie ZF TRW bereiten durch ihre Entwicklungen das automatisierte Fahren vor. Bis der Fahrer sich aber entspannt zurücklehnen kann, ist es noch ein langer Weg - auch aus rechtlichen Gründen. "Im Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr, das die Verkehrsregeln weltweit vereinheitlicht, steht, dass der Fahrer immer in der Lage sein muss, sein Fahrzeug zu lenken. Da brauchen wir in Zukunft entsprechende Anpassungen", sagt Seewald. Für ihn ist wichtig, dass die verschiedenen Sensoren ihre Ergebnisse untereinander absichern und so im Straßenverkehr automatisch die richtige Entscheidung getroffen wird.

20 solcher Sensoren sind auch im Testwagen von Delphi verbaut. "Die Sensoren haben unterschiedliche Funktionen: Das Radar kann die Geschwindigkeit und den Abstand einschätzen, weiß aber nicht, um was für ein Objekt es sich dabei handelt. Die Kamera dagegen kann zwischen Lkw und Pkw unterscheiden", erklärt Delphi-Manager Rainer Denkelmann. "Je mehr Rohdaten erhoben werden, desto besser." Das Fahrzeug, das derzeit noch auf der IAA zu sehen ist, wird nach der Messe straßentauglich umgebaut.

Auch Autozulieferer Bosch arbeitet mit Hochdruck an einer Lösung, wie sich die Vernetzung im Fahrzeug, mit der Umgebung und der Sensorik kosteneffizient und vor allem beherrschbar auf die Straße bringen lässt. Viel hängt von der digitalen Karte ab. Bosch arbeitet mit dem Geodaten-Anbieter TomTom zusammen. Die Karte sei der Schlüssel, um die genaue Position des Fahrzeugs zu bestimmen. Nur so lasse sich das Ziel des automatisierten Fahrens realisieren, heißt es bei Bosch.

Die technischen Grundlagen seien da. Seit zwei Jahren werden die Systeme auf der A81 zwischen Ludwigsburg und Heilbronn in Baden-Württemberg getestet. Nun gelte es, die Zuverlässigkeit des Zusammenspiels von Kameras, Sensoren, Karten und anderen Fahrzeugen zu verbessern.

Ganz eng verbunden mit dem automatisierten Fahren ist das Thema Vernetzung. Die Telekom-Sparte T-Systems hat bereits eine Lösung entwickelt, bei der Autos miteinander kommunizieren. "Wenn ein Wagen zum Beispiel über eine Kamera erkennt, dass sich vor ihm eine Baustelle befindet, dann leitet er diese Information erst an unser Rechenzentrum und von da an andere Fahrzeuge weiter. Diese können dann auf die Situation frühzeitig reagieren", erläutert Maria Mezenko vom Konzerngeschäftsfeld Vernetztes Fahrzeug.

Gleiches funktioniere auch, wenn Sensoren in den Reifen an einer Stelle Glatteis registrierten. "Je mehr Autos diese Lösung haben, desto genauer werden die Daten", sagt Mezenko. Die Telekom befindet sich nach eigener Aussage derzeit in Gesprächen mit den großen Autoherstellern. Das Interesse sei groß - mehr lässt sich das Unternehmen nicht entlocken.

Die Vernetzung der Autos lässt aber auch die Frage nach der Datensicherheit aufkommen. "Das ist ein ganz großes Thema. Manche Leute haben Angst vor Hackerangriffen, wenn die Autos miteinander verbunden sind", berichtet Mark Halliday, Produktmanager bei IBM. Das Unternehmen arbeitet an Lösungen, um die Kommunikation abzusichern. Auch deshalb will die Bundesregierung Automobilhersteller, Zulieferer und Dienstleister zu einer sicheren Datenverschlüsselung verpflichten.

(RP)
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