Neue PS-Protze auf der IAA Kann denn Leistung Sünde sein?

Frankfurt/Main · Zwar geben auf der IAA E-Autos und Kompakte den Ton an. Doch ohne so manche Turbo-Trompete ist die Lust am Auto schwer zu vermitteln. Deshalb präsentieren die Aussteller auch wieder etliche neue Kraftmeier - teils mit Öko-Anspruch.

IAA - die PS-Protze der Messe
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Das Bild sagt mehr als 1000 Worte: Am neuen Mercedes S 63 AMG mit 430 kW/585 PS stehen die Besucher für eine Sitzprobe Schlange. Die elektrische B-Klasse dagegen fristet einsam und allein am Rand des Mercedes-Standes.

So sehr die Autohersteller auch auf Vernunft bauen und mit neuen Elektrofahrzeugen, Kompakten oder Familienautos werben, so laut hört man in den Hallen der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA - Publikumstage: 14. bis 22. September) auch den Lockruf der Leistung. Deshalb fehlen sie auch auf dieser IAA wieder nicht, die Kraftmeier, Traumautos und ausgeflippten Exoten der Tuner.

Das Spektrum der potenten PS-Premieren reicht vom S 63 AMG, der nach Angaben eines Mercedes-Sprechers "sportlichsten S-Klasse aller Zeiten", bis zum neuen R-Modell des VW Golf, das ebenfalls eine Spitzenposition besetzt.

Die stärkste Variante des Bestsellers kommt auf bislang in der Modellgeschichte unerreichte 221 kW/300 PS. Und: Der Kompakte knackt beim Sprint auf Tempo 100 erstmals die 5,0-Sekunden-Marke. 100 km/h sind nun nach 4,9 Sekunden erreicht.

Am Thron wird gerüttelt

Der Golf R mag aktuell der König der Kompakten sein. Aber an seinem Thron wird schon jetzt gerüttelt: Peugeot hat im Vorgriff auf den 308 GTI eine seriennahe Studie mit 196 kW/270 PS nach Frankfurt gebracht.

Und Honda veröffentlicht zur Messe erste Fotos zum neuen Civic Type R: Darauf dreht gerade ein Prototyp seine Testrunden auf der Nordschleife. Der mindestens 206 kW/280 PS und für 2015 angekündigte Kompaktsportler werde die schnellsten Rundenzeiten am Nürburgring unter den Fronttrieblern liefern, verspricht Honda-Europachef Manabu Nishimae.

Schlecht wäre das nicht, aber für echte Sportwagenfans trotzdem nur ein müder Scherz. Denn weit flotter sind naturgemäß die Boliden der einschlägigen Marken. Auch sie präsentieren in Frankfurt neue Motor- oder Modellvarianten - und finden große Resonanz unter den Messebesuchern.

Bei Lamborghini glitzert der Gallardo Squadra Corse im Spotlight, er markiert mit 419 kW/570 PS die letzte Evolutionsstufe vor dem Generationswechsel. Bei Bentley ist es der Continental V8S mit 389 kW/528 PS und bei Ferrari die auf 445 kW/605 PS getunte Version des 458 Italia, der als Speciale den gemessen an der Literleistung derzeit stärksten V8-Sauger der Welt eingebaut hat.

Wo unter anderem dieses Wettrüsten in Sachen PS einmal begonnen hat, sieht man am Stand von Porsche: Dort feiert als Ikone unter den deutschen Sportwagen gerade der 911 seinen 50. Geburtstag. Zwei Neuheiten hat der Hersteller aus diesem Anlass aufgelegt: Ein Sondermodell mit vielen historischen Design-Zitaten und den neuen 911 Turbo mit bis zu 412 kW/560 PS.

Leistung mit grünem Anstrich

Am Beispiel von Porsche und Co. kann man allerdings auch studieren, wie Hersteller versuchen, den regelmäßig ihren Modellen verabreichten Leistungsspritzen einen grünen Anstrich zu geben. Für den Porsche 918 Spyder mit 652 kW/887 PS verzeichnet Porsche einen Normverbrauch von 3,0 Litern.

Gar mit 2,5 Litern soll Audis 515 kW/700 PS starkes Sport Quattro-Konzept zufrieden sein. Beide Sportwagen fahren mit einem Plug-in-Hybrid-Antrieb, wie ihn auch BMW im i8 einsetzt. Das Konzept erlaubt für einige Kilometer zwar emissionsfreies Fahren im E-Modus. Dass Autos wie solche in der Praxis wohl nur in Ausnahmefällen so effizient wie im normierten Fahrzyklus bewegt werden, dürfte aber klar sein.

Während die Serienhersteller also auch bei PS-potenten Modellen zumindest einen Hauch von Vernunft walten lassen wollen, drehen die Tuner dafür um so mehr auf. Potente Motoren, protzige Karossen und poppige Farben sind schon immer ihr Erfolgsrezept.

Auf der IAA wird ein Lamborghini Aventador am Stand des bayerischen Veredlers Mansory mal eben zum 920 kW/1250 PS starken Carbonado im Kohlefaser-Look, beim Porsche-Spezialisten TechArt steht neben dem Panamera als GrandGT ein feuerwehrroter Cayenne mit goldenen Felgen. Und bei Carlsson feiert unter anderem der Mercedes CLA als RSR mit 331 kW/450 PS statt werksseitigen 265 kW/360 PS Premiere.

Das dickste Ding

Doch das buchstäblich dickste Ding kommt von Mercedes-Tuner Brabus. Die "Bodybuilder" aus Bottrop haben nicht nur Hand an die neue S-Klasse und die kompakte A-Klasse gelegt, sondern sich sogar den G 6x6 vorgenommen.

Schon ab Werk 400 kW/544 PS stark und etwa 400 000 Euro teuer, kommt der dreiachsige Geländewagen nun auf 515 kW/700 PS. Mit weit ausgestellten Kotflügeln noch imposanter als das ohnehin schon gewaltige Serienmodell, macht der Brabus mit einem Sprintwert von 7,4 Sekunden selbst beim Ampelspurt eine gute Figur. Doch auf der Überholspur hilft ihm selbst die Kraftkur nichts: Mit vier Tonnen Leergewicht geht ihm bei 160 km/h die Puste aus.

(dpa)
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