IW-Studie Die deutsche Auto-Industrie liegt bei autonomem Fahren vorne

Düsseldorf · Die deutsche Auto-Industrie hat weltweit die meisten Patente für automatisiertes Fahren angemeldet, zeigt eine Studie. Ausruhen sollten sich die Hersteller jedoch nicht – denn Tech-Konzerne wie Google haben entscheidende Vorteile.

Autonomes Parken - die verschiedenen Systeme der Hersteller
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Foto: dpa, loe

Die deutsche Auto-Industrie hat weltweit die meisten Patente für automatisiertes Fahren angemeldet, zeigt eine Studie. Ausruhen sollten sich die Hersteller jedoch nicht — denn Tech-Konzerne wie Google haben entscheidende Vorteile.

Die Zukunft des Autos ist für Elon Musk vergleichbar mit der Entwicklung des Fahrstuhls: Es gab eine Zeit, in der eine Person den Fahrstuhl lenken musste. Doch dann erfanden Ingenieure neue, bessere Technik — und plötzlich startete und stoppte der Aufzug nach dem Knopfdruck völlig selbstständig. So ähnlich, ist sich der Gründer des Elektroauto-Herstellers Tesla laut dem Technik-Blog Gizmodo sicher, werde es auch mit dem Auto laufen.

Die Frage ist, welche Rolle die deutschen Hersteller in der Welt der selbstfahrenden Autos spielen werden. Immerhin drängen auch die Digitalkonzerne Google und Apple auf diesen Markt. Und auch Tesla arbeitet angeblich an einem selbstfahrenden Fahrzeug. Die klassische Auto-Industrie steht unter Druck.

Doch eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), die unserer Redaktion vorliegt, zeigt: Die hiesigen Anbieter scheinen für den Wandel gut gerüstet zu sein. Demnach haben deutsche Unternehmen, also sowohl die Autohersteller als auch die Zulieferer, seit 2010 insgesamt 58 Prozent aller Patente zum autonomen Fahren angemeldet. Auf Apple, Google, Tesla und Co. entfallen lediglich sieben Prozent.

Ausruhen sollten sich die Hersteller trotzdem nicht, warnt Hubertus Bardt, Autor der Studie: "Neue Konkurrenten drängen in den Markt und verändern die Spielregeln grundlegend."

Bislang war es in der Regel so, dass technische Innovationen in den Modellen der Oberklasse-Hersteller eingeführt wurden und dann irgendwann auch Serienreife bei den günstigeren Fahrzeugen erlangten. In Bezug auf das automatisierte Fahren würde dies bedeuten, dass nach und nach neue Technologien eingeführt würden — so lange, bis das Auto irgendwann komplett autonom fährt. Dies ist bereits jetzt zu beobachten, Spurhalte-Assistenten und ähnliches sind längst in Fahrzeugen integriert.

Bardt warnt allerdings: "Die Entwicklung eines selbstfahrenden Autos kann für Newcomer einen Versuch darstellen, die ersten Entwicklungsstufen zu überspringen oder von Zulieferern zu übernehmen und damit die Wettbewerbssituation disruptiv zu verändern." Das heißt: Der Erfolg der etablierten Anbieter könnte ernsthaft bedroht sein. Dafür spricht, dass laut Studie besonders viele Innovationen von Zulieferern wie Bosch (545 Patente) und Continental (277) kommen. Sie könnten mit ihren Produkten auch Google- oder Apple-Autos ausrüsten. Von den deutschen Herstellern liegt nur Audi (292) vor Google (198). Daimler (156) und BMW (142) liegen dahinter.

Begünstigt würden die Chancen der Herausforderer durch den Umbruch in der Branche weg von kraftstoffbetriebenen Fahrzeugen hin zu Elektroautos. Auch die digitale Kompetenz spräche für die IT-Unternehmen. Denn während die Auto-Hersteller beim klassischen Bau eines Autos einen deutlichen Wissensvorsprung haben, sind die Technologieunternehmen aus dem Silicon Valley deutlich besser darin, riesige Datenmengen auszuwerten und zu nutzen (Big Data). Dies ist von enormer Bedeutung, wenn es um die Zukunft des Fahrens geht. Denn komplett autonom fahrende Fahrzeuge kommunizieren nicht nur mit verschiedenen Bauteilen im Fahrzeug — sondern mit ihrer kompletten Umgebung wie etwa Ampeln oder anderen Fahrzeugen.

Trotzdem sieht das IW viele Vorteile für deutsche Hersteller. So seien sie mit einem Weltmarktanteil von rund 72 Prozent (2013) besonders stark im Premiumsegment. In diesem Bereich dürften auch künftig zunächst die großen Innovationen eingeführt werden, da die Kunden eher die Zahlungsbereitschaft für zusätzliche technische Neuerungen aufbringen. Zudem verfügen sie laut Studie über eine starke Position in wichtigen Märkten wie China. Dort haben besonders viele Leute ein großes Interesse an autonom fahrenden Autos. Nun muss die deutsche Auto-Industrie den Vorsprung nur noch nutzen.

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