Kleben oder sprühen?

Wer die Farbe seines Autos wechseln will, steht vor der Wahl: Lackieren oder Folieren? Beide Techniken haben Vor- und Nachteile bei Preis, Haltbarkeit und Schutzeigenschaften.

Bunt, matt, glitzernd: Autokarossen können in allen denkbaren Farbfacetten erstrahlen. Dafür sorgt entweder Lack oder eine Autofolie. Lack ist teurer und haltbarer, Folien haben eine kürzere Lebensdauer und sind günstiger. Doch wann bewährt sich welche Technik in der Praxis?

Grundsätzlich kommt ein Auto ohne Folie, aber nicht ohne Lack aus. "Lack muss immer auf dem Auto sein", betont Norbert Hermann, Experte für Lack und Folierungen beim Allianz Zentrum für Technik (AZT). Der Lackaufbau schützt etwa die metallischen Bauteile vor Korrosion. "Der Schutz ist die erste Aufgabe des Lacks. Danach kommen die unterschiedlichen Farbtöne und unzählige Effekte."

Erst an dieser Stelle kommt die Folierung ins Spiel. Auf das Auto aufgebracht, schützt sie die Lackschicht. "Kratzer oder Vogelkot dringen da nicht durch", sagt Carsten Graf, Experte für Lack und Karosserien beim ADAC-Technikzentrum in Landsberg. Auch kleineren Steinschlägen halten die Folien noch stand. Doch der Lackschutz ist nur ein Aspekt, der Folien interessant für Autofahrer machen kann. Ein zweiter Aspekt ist der einfache Wechsel der Farbe. Die Folie wird aufgebracht und wieder abgerissen, wenn sie einem nicht mehr gefällt.

Davon können Autokäufer profitieren, die ihren Wagen in einigen Jahren wieder verkaufen wollen. Sie wählen dann beim Kauf eine gut verkäufliche Lackierung und folieren sich anschließend ihr Auto in ihrer Lieblingsfarbe, erläutert Thomas Caasmann von der Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ). So eine Vorgehensweise ist auch bei geleasten Autos oder Firmenwagen eine Option. Gestaltungsgrenzen setzt sowohl beim Lack als auch der Folierung der eigene Geschmack. "Am Rechner kann man sich jegliches Design entwerfen und als Folie ausdrucken", erläutert Hermann. Damit ist es möglich, Tiere, ungewöhnliche Reliefs oder verrückte Symbole per Folie auf sein Auto zu kleben.

Selbst bringt man die Folie lieber nicht auf. "Das braucht Fingerfertigkeit und sollte vom Fachmann gemacht werden", betont Graf. Sonst riskiert man Blasen und andere optische Mängel. Abhängig von der Wagengröße und der Materialqualität schwanken die Preise für Folierungen stark. Für Kleinwagen können schon rund 1000 Euro ausreichen, um die ganze Karosserie zu verhüllen, schätzt Graf. Nach oben sind kaum Grenzen gesetzt.

Lack ist dennoch die teurere Alternative. "In der Regel sind Folierungen 30 bis 50 Prozent günstiger als eine Komplettlackierung", sagt Caasmann. Ein Grund für die höheren Kosten beim Lackieren ist der hohe Vorbereitungsaufwand. Zwar müssen auch bei Folierungen Autoteile demontiert werden, um Folien faltenfrei aufzubringen. Beim Lack kommt zur Demontage der Karosserie aber noch der Ausbau von Scheinwerfern, Fenstern, Leuchten und Dichtungen hinzu. Bereiche, auf die kein Lack soll, müssen abgeklebt werden. Dazu kommt das Anschleifen der Karosserie, bevor Lack und Klarlack draufkommmen. Danach muss alles trocknen. Caasmann: "Preise für eine Ganzlackierung eines Kompaktwagens liegen so schnell bei über 5000 Euro."

Ein ordentlicher Fahrzeuglack hat gegenüber Folierungen den großen Vorteil der Haltbarkeit. Folierungen haben nur eine Lebensdauer von etwa fünf Jahren, schätzt Caasmann. Danach kann es zu Ablösungen im Kantenbereich, Schrumpfungen und Versprödungen kommen. "Lack hält so lange wie das Auto", sagt Hermann. Aber Folierungen sollen auch nicht ewig halten. "Sie sind in der Regel nur eine temporäre Veränderung am Auto."

Bei einer Folie ist außerdem zu beachten, dass Farbunterschiede auftreten können, weil die Folie durch Witterungseinflüsse und UV-Strahlen über die Zeit verblassen kann, erläutert Hermann. Selbst wenn man die Farb- und Chargennummer der Folie kennt, damit das neue Teil sich perfekt einfügt, "können trotzdem noch Unterschiede zu sehen sein". Beim Ausbessern von Lack kann es ebenfalls Probleme geben. Das sei oft wertmindernd, sagt Graf. "Dann steht man beim Verkauf im Verdacht, Unfallschäden kaschiert zu haben", erklärt der Experte vom ADAC. Speziell bei matt lackierten Fahrzeugen sei es schwierig und aufwendig, unsichtbar nachzulackieren.

Teuer kann es bei Blech- und Hagelschäden mit einem folierten Fahrzeug werden. Hier können Kosten für zwei Reparaturen anfallen, sagt Hermann. "Denn nicht nur die Folierung, sondern auch der darunterliegende Lack können beschädigt sein", erklärt der AZT-Experte. Wenn der Lack unter der Folie weiter einheitlich aussehen soll, muss das kaputte Teil neu lackiert und foliert werden.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort